rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Defekt des gerichtlichen Faxgerätes, wenn alternative Übertragungsmöglichkeiten (hier:Klageeinreichung per Fax an das Finanzamt) nicht genutzt wurden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist setzt voraus, dass innerhalb der Antragsfrist die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen schlüssig vorgetragen werden, dh. eine vollständige Darstellung der Ereignisse gegeben wird, die zur Fristversäumung geführt haben und die die unverschuldete Säumnis belegen sollen, soweit sie nicht gerichtsbekannt oder offenkundig sind.
  2. Wird die Klagefrist versäumt, weil das Faxempfangsgerät des Gerichts eine technische Störung hat, trifft den Stpfl. daran kein Verschulden.
  3. Stellt sich heraus, dass aus vom Stpfl. nicht zu vertretenen Gründen wegen einer technischen Störung eine Telefax-Verbindung nicht zustande kommt, ist der Stpfl. verpflichtet, alle noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung zu ergreifen.
  4. Der Stpfl. muß in solchen Fällen darlegen, warum es ihm weder möglich noch zumutbar war, die Klage beim FA per Telefax oder im Original anzubringen.
 

Normenkette

FGO §§ 47, 56

 

Tatbestand

Streitig ist, ob wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und ob ein Mietverhältnis unter Angehörigen steuerlich anzuerkennen ist.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie sind Eigentümer eines mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks. Das Erdgeschoss (75 qm) des Gebäudes nutzen sie selbst, das Obergeschoss (45 qm) ist an die Mutter der Klägerin vermietet.

Die steuerliche Anerkennung des Mietvertrages mit der Mutter der Klägerin und damit eines Werbungskostenüberschusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von ca. 20.000 DM p. a. ist seit Jahren streitig. Eine Klage wegen Einkommensteuer 1991 und 1992 hat der Senat mit Urteil vom 27.02.1996 (XI 26/94) abgewiesen, u.a. mit der Begründung, der Vertrag sei nicht wie vereinbart durchgeführt worden, weil die Miete nicht auf das Konto der Kläger überwiesen worden, sondern angeblich durch Barzahlung ohne Quittung entrichtet worden sei. Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1993 - 1995 wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 01.07.1997 ebenfalls mit der Begründung, regelmäßige Mietzahlungen seien nicht nachgewiesen, zurück.

Auch in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1996 vom 09.10.1997 (Bl. 149 Einkommensteuerakte - EStA) berücksichtigte der Beklagte den erklärten Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht und verwies insoweit auf den Einkommensteuerbescheid des Vorjahres. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren (mit einfachem Brief bekannt gegebener Einspruchsbescheid vom 09.12.1997 - Bl. 157 EStA) die Klage.

Die Klageschrift vom 12.01.1998 ging am Mittwoch, dem 14.01.1998, bei Gericht ein. Der Prozessbevollmächtigte beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist. Zur Begründung des Antrags macht der Prozessbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 13.01.1998 (Bl. 3 Gerichtsakte - GA) geltend, die Klagefrist sei ohne Verschulden versäumt worden, weil wegen eines Defekts des gerichtlichen Faxgerätes am 12.01.1998 die Klageschrift dem Finanzgericht nicht habe übermittelt werden können. Zwei Sendeberichte von 20.03 Uhr und 20.51 Uhr, die jeweils als beabsichtigten Empfänger "FG Hannover" ausweisen und den Vermerk "keine Verbindung" tragen, fügte er zur Glaubhaftmachung bei (Bl. 4, 5 GA). Die Verwaltung des Finanzgerichts bestätigt, dass am 12.01.1998 das Faxgerät defekt war (Bl. 6 GA). Mit Schriftsatz vom 03.08.1998 (Bl. 27 GA) trägt der Prozessbevollmächtigte weiter vor, nach der Abfassung habe er Anweisung gegeben, die Klageschrift unbedingt dem Finanzgericht zuzufaxen, und das Büro verlassen. Die Möglichkeit, die Klage beim Finanzamt anzubringen, sei der beauftragten Mitarbeiterin nicht bekannt gewesen.

In der Sache meinen die Kläger, das Mietverhältnis sei nunmehr anzuerkennen, weil die Mutter die Miete überwiesen habe und die Beanstandungen der Vorjahre damit behoben seien. Zunächst wurde vorgetragen, der Mietvertrag (Bl. 39 GA) weise fälschlicherweise eine Kaltmiete von 485 DM und einen Betrag für "Nebenkosten und Heizung" von 80 DM aus. Tatsächlich seien 485 DM einschließlich Nebenkosten vereinbart worden. Dies belege der Wohngeldbescheid der Mutter (Bl. 44 GA). Die Mutter habe 485 DM regelmäßig überwiesen (Belege Bl. 43 GA). Die Nebenkosten seien nach Quadratmetern abgerechnet und Spitzen bar ausgeglichen worden. Im Schriftsatz vom 02.02.2000 (Bl. 66 GA) heißt es demgegenüber, nach dem Urteil vom 27.02.1996 sei die bis dahin bar bezahlte Miete auf das Konto der Klägerin überwiesen worden. Lediglich die Nebenkosten würden weiterhin bar bezahlt.

Die Kläger waren in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten. Mit Schriftsatz vom 08.02.2000 bean...

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