Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug und Margenbesteuerung bei sog. Kaffeefahrten sowie zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Nahrungsergänzungsmittel
Leitsatz (redaktionell)
- Die Einbeziehung der Reisevorleistungen in die Margenbesteuerung nach § 25 UStG und der damit verbundene Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG ist auch im Falle einer negativen Gesamtmarge im Sinne des § 25 Abs. 3 UStG a.F. gerechtfertigt.
- Die Anwendung des § 25 Abs. 4 UStG scheidet nicht deswegen aus, weil der einzige Zweck der von einem Verkaufsveranstalter durchgeführten Reiseleistungen in Gestalt sog. Kaffeefahrten (Tagesausflug, Bewirtung und Besichtigung verbunden mit einer Verkaufsveranstaltung) darin besteht, den Warenverkauf bei den Verkaufsveranstaltungen zu fördern.
- Denn die Sonderregelungen des § 25 UStG sind gleichermaßen für solche Unternehmer anzuwenden, die Ausflugsfahrten einschließlich Verkaufsveranstaltungen sowie Ausflugsfahrten ohne Verkaufsveranstaltungen gegen Entgelt durchführen und die Einbeziehung in die Sonderregelungen des § 25 UStG aus Wettbewerbsgründen erforderlich ist.
- Flüssige Nahrungsergänzungsmittel unterliegen nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 33 der Anlage 2 zum UStG dem ermäßigten Steuersatz, wenn es sich nach der Kombinierten Nomenklatur (KN) um ein Getränk im Sinne der Position 22 KN handelt.
- Die streitgegenständlichen Q10-Ampullen gehören zu den nicht steuersatzbegünstigten Getränken, weil sie nach den Feststellungen des erkennenden Senats zum menschlichen Genuss geeignet und bestimmt sowie als trinkbar anzusehen gewesen sind, da es jedem Durchschnittsverbraucher möglich gewesen wäre, die Flüssigkeit unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigabe zu trinken.
- Die Indizwirkung einer Einreihungsverordnung der Kommission zur einheitlichen Anwendung der KN für die tarifliche Einreihung gleichartiger Waren kann durch ein Sachverständigengutachten widerlegt werden.
- Ein einheitliches Entgelt, das für zwei unterschiedliche zu besteuernde Leistungen entrichtet ist, ist nach der „einfachstmöglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode“ aufzuteilen.
- Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kann gem. § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO ermessensgerecht sein, wenn unmittelbar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht ein Schriftsatz des in dieser mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen eingeht, der geeignet ist, die Beweiswürdigung zu beeinflussen und die Beteiligten sich hierzu ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht hätten erklären können.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 25
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind im zweiten Rechtsgang die Besteuerung von Reiseleistungen i.S.d. § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und der hiermit verbundene Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen in den Streitjahren 1997 bis 1999 sowie für die Streitjahren ab 1998 der Steuersatz auf die Veräußerung von sog. Q10-Ampullen (enthalten im sog. „Kurpaket“) und die Aufteilung der Gesamtkaufpreise aus der Veräußerung sog. Warenpakete die neben dem „Kurpaket“ auch sog. Verkaufsartikel und sog. Zugabeartikel enthalten haben, aber zu einem Gesamtkaufpreis abgegeben worden sind.
I.
Die Klägerin ist eine im Jahr…gegründete GmbH & Co. KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Beschaffung und der Handel mit Textilien und Waren aller Art sowie die Planung und Organisation von Werbeveranstaltungen sowie Tages- und Mehrtagesfahrten. In diesem Rahmen veranstaltete die Klägerin in den Streitjahren 1997 bis 1999 Busfahrten mit dem Ziel des Warenabsatzes (landläufig sog. Kaffeefahrten).
II.
Im Rahmen einer Außenprüfung traf das beklagte Finanzamt folgende Feststellungen für die Streitjahre:
1. Vorsteuerabzug aus Reisevorleistungen im Zusammenhang mit entgeltlich durchgeführten Kaffeefahrten
Für die Durchführung der Kaffeefahrten hatte die Klägerin in den Streitjahren insgesamt folgende sog. Fahrtgelder als Entgelte für die Teilnahme der Kunden an den Busfahrten vereinnahmt:
1997 |
1998 |
1999 |
... DM |
... DM |
... DM |
Zur Umsatzbesteuerung der Kaffeefahrten wandte die Klägerin die Grundsätze der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG an. In diesem Zusammenhang hatte die Klägerin zur Ermittlung der Marge den vereinnahmten Fahrtgeldern die Reisevorleistungen (nachfolgend auch Buskosten) und die Kosten der Zugabeartikel gegenübergestellt. D.h. die von ihr vereinnahmten Entgelte für die Teilnahme der Kunden an den Busfahrten wurden von der Klägerin auf die Reisevorleistungen und die Zugabeartikel aufgeteilt. Für die Zugabeartikel begehrte die Klägerin sodann den vollen Vorsteuerabzug und unterwarf die anteiligen Fahrtgelder dem Regelsteuersatz. Die anteiligen Fahrtgelder für die Reiseleistungen wurden in die Margenbesteuerung einbezogen. Insoweit machte die Klägerin einen Vorsteuerabzug aus den Reisevorleistungen nicht geltend.
Hiernach sind in den vom beklagten Finanzamt nach Beendigung der Außenprüfung ergangenen Änderungsbesch...