rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erste Tätigkeitsstätte bei einem Leiharbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem Leiharbeitnehmer, der unbefristet bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt ist, schließt die bloße Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung an einen anderen Arbeitsort eine „erste Tätigkeitsstätte” am Arbeitsort der Entleiherfirma nicht aus.
Der Leiharbeitnehmer ist der Entleiherfirma dauerhaft zugeordnet, wenn sich aus der Zuordnungsentscheidung der Zeitarbeitsfirma oder aus den Gesamtumständen keine zeitliche Begrenzung des Einsatzes ergibt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4, 4 Sätze 1-3
Tatbestand
Streitig ist, ob Fahrtkosten, die im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses entstanden sind, mit 0,30 € pro Entfernungskilometer (Entfernungspauschale) oder mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer (Auswärtstätigkeit) als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Die Kläger sind Ehegatten, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger (geboren am 28. Januar 1976) schloss am 12. September 2012 einen Arbeitsvertrag mit der Firma A mit Sitz in H. In dem Vertrag wurde ausgeführt, dass A seinen Kunden Mitarbeiter zur Verfügung stelle. Die dazu erforderliche Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sei vorhanden.
Weiter wurde ausgeführt (Nr. 1 Buchst. b und c des Vertrags):
Der Mitarbeiter wird in H (Einstellungsort) als … eingestellt.
Der Mitarbeiter erklärt sich damit einverstanden, bei verschiedenen Kunden von A im Rahmen von gegebenenfalls auch wechselnden Projekten und Orten eingesetzt zu werden. Der räumliche Einsatzbereich wird wie folgt vereinbart: Gebiet - Norddeutschland.
Das Arbeitsverhältnis begann am 1. Oktober 2012 und war unbefristet (Nr. 3 Buchst. a des Vertrags). Nach Nr. 4 Bucht. a des Arbeitsvertrags war A - auch nach einem mehrmonatigen oder mehrjährigen Einsatz bei demselben Kunden - berechtigt, den Mitarbeiter von einem Einsatzort abzuberufen und ihn an einem anderen Einsatzort einzusetzen.
Außerdem schloss der Kläger am 12. September 2012 eine Zusatzvereinbarung „für einen X1-Einsatz mit Eingruppierung gemäß X1-Tarif …”, der sich auf einen Einsatz des Klägers bei dem Kunden „X1 GmbH” bezog.
Nach den Regelungen in der Zusatzvereinbarung erhöhte sich das in dem Arbeitsvertrag vereinbarte Gesamtgehalt von monatlich brutto 2.372,12 € ab dem Beginn des Einsatzes bei der Firma X1 - der ab dem 1. Oktober 2012 geplant war - auf monatlich brutto 3.690,54 €. Nach einem dreimonatigen ununterbrochenen, funktionsgleichen Einsatz bei der Firma X1 sollte sich das Zielgehalt auf monatlich brutto 3.784,94 € erhöhen. Dies entsprach dem Tarifgehalt des für den Standort B von X1 ausgehandelten Tarifvertrags in der Gehaltsgruppe…Auch hinsichtlich des Urlaubs- und Weihnachtsgelds, einer Monatszulage und des Urlaubsanspruchs fand eine Angleichung an die bei X1 üblichen Regelungen statt (sog. Equal Pay).
Das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde von der Firma A Mitte 2014 gekündigt. Mit Schreiben vom 28. Juli 2014 nahm die Firma A die Kündigung „aufgrund des in der Zwischenzeit erfolgten Neueinsatzes bei unserem Kunden, der X2 GmbH” zurück.
Am 30. Juli 2014 schloss der Kläger mit der Firma A eine Zusatzvereinbarung für einen Einsatz bei der Firma „X2 GmbH” mit der Eingruppierung gemäß dem X2-Tarif ….
Das Arbeitsentgelt sollte sich nach Maßgabe der Zusatzvereinbarung ab dem Beginn des Einsatzes - der ab dem 1. August 2014 geplant war - auf monatlich brutto 3.411,92 € erhöhen. Dies entsprach dem Tarifentgelt des für den Standort B von der Firma X2 GmbH ausgehandelten Tarifvertrags in der Entgeltgruppe …. Für das Urlaubs- und Weihnachtsgeld und den Urlaubsanspruch wurden die bei der Firma X2 GmbH üblichen Regeln vereinbart (sog. Equal Pay).
Mit weiterer Zusatzvereinbarung vom 4. Juni 2015 vereinbarte der Kläger mit der Firma A eine Erhöhung des Zielgehalts ab dem 1. März 2015 auf die X2-Tarifgruppe …. Damit ging eine Erhöhung des Arbeitsentgelts auf monatlich brutto 3.622,03 € einher. Die übrigen Punkte des Arbeitsvertrages sowie der Zusatzvereinbarung blieben gültig.
Am 24. März 2016 stellte die Firma A für den Kläger eine Beschäftigungsbescheinigung aus, nach der dieser seit dem 1. Oktober 2012 in einem unbefristeten und ungekündigten Beschäftigungsverhältnis bei der Firma A stehe. Seit dem 1. August 2014 sei der Kläger bei dem Kunden X2 GmbH in B als … eingesetzt.
Der Kläger machte in den Einkommensteuererklärungen 2014 bis 2017 bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit die Fahrtkosten zwischen seinem Wohnort in S und dem Einsatzort in B mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer geltend:
2014: |
220 Fahrten x 38 km x 2 x 0,30 € = |
5.016,00 € |
2015: |
220 Fahrten x 38 km x 2 x 0,30 € = |
5.016,00 € |
2016: |
214 Fahrten x 38 km x 2 x 0,30 € = |
4.880,00 € |
2017: |
210 Fahrten x 38 km x 2 x 0,30 € = |
4.788,00 € |
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Der Beklagte erkannte in den Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015, jeweils vom 19. Mai 2016, in dem Einkommensteuerbescheid 2016 vom 13. April 2014 und in dem Einkommenste...