Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Pferd als Lieferung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG.
- Eine Lieferung setzt grds. die Übertragung der Befähigung voraus, über einen körperlichen Gegenstand wie ein Eigentümer verfügen zu können.
- Auch bei der Übertragung des Miteigentumsanteils an einem Pferd handelt es sich um eine Lieferung i. S. des § 3 Abs. 1 UStG.
- Dafür spricht auch, dass der Miteigentumsanteils an einem Pferd sich als Gegenstand unter Nr. 1a der Anlage 2 zum UStG i.V.m. Pos. 0101 des Zolltarifs fassen lässt.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
2006, 2007, 2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Veräußerung von Miteigentumsanteilen an Pferden durch den Kläger in den Streitjahren 2006 bis 2008 nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) i. V. m. Anlage 2 Nr. 1 a zum UStG mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 v. H. der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren einen Großhandel mit lebenden Pferden sowie eine Photovoltaikanlage. Die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre gingen beim Beklagten am xx. November 2008, xx. Januar 2009 und xx. Januar 2010 ein. Der Beklagte stimmte den Erklärungen zunächst zu.
In der Zeit von April bis Dezember 2011 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch, die u. a. die drei Streitjahre umfasste. Der Außenprüfer stellte dabei fest, dass der Kläger in den Streitjahren von Dritten wiederholt hälftige Miteigentumsanteile an Sportpferden erworben hatte. Auf der anderen Seite hatte er auch insgesamt vier hälftige Anteile an Pferden an Dritte verkauft, wobei bei der Erstellung der Rechnungen die Nettoerlöse mit einer Umsatzsteuer zum ermäßigten Steuersatz belastet worden waren.
Der Außenprüfer des Beklagten konnte aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht ermitteln, ob es sich bei den vom Kläger veräußerten Anteilen an den vier Pferden um Miteigentums- oder Bruchteileigentum handelte. Er ging allerdings davon aus, dass der Kläger Bruchteileigentumsanteile veräußert habe, weil er jedenfalls nach den vorgelegten Unterlagen ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer der fraglichen Pferde über seine Anteile verfügt habe. Seiner Meinung nach handelte es sich bei den Veräußerungen um sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG mit der Folge, dass diese mit dem vollen Steuersatz der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien. Er rechnete aus den in den Rechnungen erfassten Bruttokaufpreisen die Umsatzsteuer zum allgemeinen Steuersatz heraus und kürzte diese um die bislang erklärten Umsatzsteuern zum ermäßigten Steuersatz. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Tzn. 19 bis 22.3 des Berichts vom xx. Dezember 2011 über die Außenprüfung zur StNr. xxx hingewiesen.
Nach Übersendung des Berichts über die Außenprüfung gab der Kläger am xx. Januar 2012 eine Stellungnahme gegenüber dem Beklagten ab. Dabei erklärte er, er könne die Einschätzung des Außenprüfers, dass es sich bei den Vorgängen um sonstige Leistungen handele, nicht nachvollziehen. Der Gesetzeswortlaut zur Definition der Lieferung sei weitgehender und genauer, als dies im Bericht dargestellt werde. Mit Schreiben vom xx. Januar 2012 wiederholte er gegenüber dem Beklagten seinen Einwand.
Der Beklagte folgte der Rechtsansicht seines Außenprüfers und erließ am xx. April 2012 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde durch die Änderungsbescheide aufgehoben.
Gegen die Bescheide erhob der Kläger am xx. Mai 2012 Einspruch, wobei er zur Begründung auf seine Stellungnahmen zum Bericht des Außenprüfers verwies. Die Einsprüche wurden mit Bescheid vom xx. September 2012 zurückgewiesen.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend trägt er vor, in allen vier Fällen, die der Außenprüfer in der Prüfung aufgegriffen habe, seien Lieferungen von Pferden erfolgt. Sämtliche Eigentümer hätten zur Übereignung durch den Kläger ihr Einverständnis erteilt und auch eine Übergabe der jeweiligen Pferde an den Erwerber sei durchgeführt worden schon allein deshalb, um der Verpflichtung aus dem Kaufvertrag gerecht zu werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2008 vom xx. April 2012 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xx. September 2012 zu ändern und die festgesetzte Umsatzsteuer für 2006 um 3.800 €, für 2007 um 1.300 € und für 2008 um 600 € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach den vorgefundenen Einkaufs- und Verkaufsbelegen habe der Kläger in den fraglichen Fällen Miteigentumsanteile an vier Pferden erworben und diese dann veräußert. Die Übertragung ideeller Miteigentumsanteile führe nicht zu Lieferungen, sondern zu sonstigen Leistungen mit der Folge, dass eine Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz nicht in Betracht ...