rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fluchthilfegeld keine außergewöhnliche Belastung. Einkommensteuer 1991
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt – FA –) verpflichtet ist, den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1991 nachträglich zugunsten der Kläger zu ändern und dabei die Zahlung von 5.000 DM für eine Fluchthilfe als außergewöhnliche Belastung abzuziehen.
Die Kläger sind Eheleute und haben bis Oktober 1989 in der ehemaligen DDR gelebt. Sie wurden im Streitjahr 1991 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger bezieht als Arzt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Im Jahr 1984 unternahmen die Kläger – nach ihrem Vortrag – einen erfolglosen Fluchtversuch aus der ehemaligen DDR. Um den Klägern bei dieser Flucht zu helfen, habe der mit ihnen weder verwandt noch verschwägerte Arzt Dr. K. (K.) aus Syrien an eine
Fluchthilfeorganisation einen Betrag von 35.000 DM gezahlt. Auf die schriftliche Erklärung des K. vom 20. August 1995 wird Bezug genommen.
In seiner Einkommensteuererklärung 1990 machte der Kläger einen Betrag über 5.000 DM als außergewöhnliche Belastung geltend, den er an K. als Rückzahlung (1. Rate) des 1984 an die Fluchthelfer gezahlten Betrags geleistet hatte. Da die Zahlung aber erst 1991 vorgenommen worden war, zog das das FA den Betrag nicht ab. Den Einspruch wies das FA durch Bescheid vom 20. Oktober 1993 zurück.
In der Steuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger den Betrag nicht geltend. Der Einkommensteuerbescheid 1991 vom 21. Januar 1993 wurde bestandskräftig, wobei der Bescheid im Punkt „Höhe der zumutbaren Belastung bei den außergewöhnlichen Belastungen” vorläufig nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) erging. Mit Schreiben vom 15. November 1993, – nach der Entscheidung des Einspruchsverfahrens 1990 –, beantragte der Kläger, den Fluchthilfebetrag über 5.000 DM 1991 als außergewöhnliche Belastung abzuziehen.
Das FA folgte diesem Antrag nicht und vertrat die Auffassung, die Fluchthilfezahlung hätte – wenn überhaupt – bereits im Jahr der Zahlung des gesamten Betrags über 35.000 DM, also 1984, abgezogen werden müssen. Die Zahlung im Jahr 1991 stelle sich lediglich als Tilgung des damaligen Darlehens durch K. dar. Im Rechtsbehelfsverfahren erklärte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, diese hätten den Geldbetrag so lange nicht zurückzuzahlen gehabt, wie sie in der DDR gelebt hatten. Erst mit Verlassen der DDR habe eine Verbindlichkeit der Kläger entstehen sollen.
Der Einspruch blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt vor, er sei mit K. kein Darlehensverhältnis eingegangen. Seit der gescheiterten Flucht habe er keinen Kontakt mehr mit K. gehabt. Erst nach der Ausreise 1989 sei die Verbindung wieder aufgenommen worden. Aus moralischen Gründen habe er sich verpflichtet gefühlt, den damaligen Betrag ratenweise an K. zu erstatten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einspruchsbescheid vom 25. September 1995 sowie den Ablehungsbescheid vom 15. Dezember 1993 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 1991 vom 21. Januar 1993 zu ändern und weitere außergewöhnliche Belastungen von 5.000 DM abzuziehen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bleibt bei seiner im Rechtsbehelfsverfahren vertretenen Auffassung, die Zahlung der 5.000 DM an K. sei im Streitjahr 1991 nicht mehr zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat es zutreffend abgelehnt, den bestandskräftigen Steuerbescheid 1991 zu ändern. Die Kläger werden dadurch nicht in ihren Rechten verletzt.
Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob der Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 AO den gesamten Bereich der außergewöhnlichen Belastungen erfaßt und damit eine Änderungsmöglichkeit des Bescheids nach § 165 Abs. 2 AO eröffnet ist, oder ob sich die Vorläufigkeit nur auf die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung erstreckt. Dies hätte zur Folge, daß eine Änderung des Steuerbescheids nur unter den Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO erfolgen dürfte.
1. Zur Änderung nach 9 173 Abs. 1 Nr. 2 AO
Eine Änderung nach dieser Vorschrift scheitert aber daran, daß dem FA mit dem Änderungsantrag vom 15. November 1993 keine Tatsachen nachträglich bekannt geworden sind. Aus dem Änderungsantrag geht hervor, daß der Kläger bereits bei der Veranlagung 1990 den Betrag von 5.000 DM als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht hatte, so daß das FA bei der Bearbeitung der Steuererklärung 1991 von den Vorgängen um die Zahlung dieses Betrags an K. Kenntnis hatte.
2. Zum Abflußprinzip im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen
Eine Änderung nach § 165 Abs. 2 AO scheidet, unabhängig vom Umfang des Vorläufigkeitsvermerks und vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung aus, da für die Berücksichtigung der Aufwendungen i.S.d. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) grundsätzlich das Abflußprinzip des § 11 Abs. 2 EStG gilt.
Nach § 33 Abs. 1 EStG kan...