Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt des Zuflusses einer Abfindung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Zahlung einer Abfindung unterliegt als Teil der Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit in dem Kalenderjahr der ESt, in dem die Einnahmen zufließen.
- Das bloße Innehaben eines Anspruchs führt nicht bereits zum Zufluss. Vielmehr sind Einnahmen erst zugeflossen, wenn der Stpfl. über sie wirtschaftlich verfügen kann; bei Geldbeträgen heißt das, diese müssen bar ausgezahlt oder einem Bankkonto des Empfängers gutgeschrieben werden.
- Vereinbaren ArbG und ArbN, dass die vereinbarte Abfindung – anders als ursprünglich geplant – nicht in 2003, sondern erst in 2004 auszuzahlen ist und erfolgt die Auszahlung auch tatsächlich erst in 2004, so fließt die Abfindung in 2004 zu.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, §§ 19, 11 Abs. 1, § 38a
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten. Streitig ist, ob eine Abfindung im Streitjahr (2003) oder erst im Jahr 2004 steuerlich zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin war bis zum Jahr 2003 Angestellte der A-GmbH. Ihr Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber mit Schreiben vom 05.12.2002 mit Wirkung zum 31.12.2003 auf der Grundlage einer am 14.11.2002 zwischen der Geschäftsführung der A-GmbH und dem Betriebsrat des Werkes … abgeschlossenen Betriebsvereinbarung gekündigt. Diese Betriebsvereinbarung sah die Zahlung einer Abfindung im Fall der Kündigung vor und enthielt hierzu – neben Bestimmungen zur Höhe der Abfindung – in § 8 Ziffer 1 Satz 3 und 4 der Betriebsvereinbarung u.a. folgende Regelung: „Die Abfindungssumme wird zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Bruttoabfindung nach Maßgabe der lohnsteuerrechtlichen Vorschriften steuerfrei gezahlt. Entstehende gesetzliche Abzüge trägt der Mitarbeiter.”
In Trennungsgesprächen vereinbarte der Arbeitgeber mit der Klägerin, dass die Abfindung, deren Höhe entsprechend der Betriebsvereinbarung ermittelt wurde, nicht im Dezember 2003, sondern im Januar 2004 ausgezahlt werde.
Die Auszahlung der Abfindung der Klägerin erfolgte mit der Entgeltabrechnung für Januar 2004 zum Ende dieses Monats.
Am 03.02.2004 gaben die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2003 ab, in der die Klägerin einen Bruttoarbeitslohn von … € erklärte. Die Abfindungszahlung wurde dabei nicht berücksichtigt. Die Abfindung wurde nicht auf der Lohnsteuerkarte für 2003 erfasst, sondern auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2004.
Die Klägerin wurde zunächst mit Einkommensteuerbescheid vom 16.02.2004 erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Die entsprechende Verfügung des Sachbearbeiters datiert vom 04.02.2004.
Dem Veranlagungsbezirk des Beklagten wurde die Auszahlung der Abfindung durch eine Prüfungsmitteilung der Lohnsteuer-Außenprüfung mit Datum vom 28.01.2004 bekannt, die am 11.02.2004 an den Veranlagungsbezirk für Arbeitnehmer abgesandt worden war.
Anschließend bat der Beklagte mit Schreiben vom 08.03.2004 um Erläuterung, weshalb die Abfindung nicht zum 31.12.2003 versteuert wurde.
Am 13.05.2004 erließ der Beklagte einen – auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gestützten – geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, in dem er den Bruttoarbeitslohn der Klägerin auf … € erhöhte und … € als außerordentliche Einkünfte erfasste. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Abfindungszahlung gelte steuerlich bereits als zum 31.12.2003 zugeflossen.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie sich gegen die Besteuerung der Abfindung wandten.
Auf Nachfrage des Beklagten teilte die A-GmbH mit Schreiben vom 13.08.2004 und 02.11.2004 mit, u.a. die Klägerin habe aufgrund abweichender Fälligkeitsvereinbarungen erst später Anspruch auf Auszahlung der Abfindung gehabt. Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung sei mit Wirksamwerden der Kündigung zum 31.12.2003 entstanden; die Vereinbarung über die Zahlung im Januar 2004 sei vorher abgeschlossen worden.
Mit Schreiben vom 09.12.2004 teilte die A-GmbH dem Beklagten hinsichtlich der Arbeitnehmer … Folgendes mit: „Ohne gesonderte Vereinbarung wäre der Abfindungsbetrag zum 31.12.03 gezahlt worden. Übrige Abfindungsbeträge wurden zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt oder – falls rechtzeitig eine abweichende Vereinbarung getroffen war – entsprechend der abweichenden Vereinbarung gezahlt.”
Mit Einspruchsentscheidung vom 21.02.2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Ausnahmsweise könne das Stehenlassen eines entstandenen und zum alsbaldigen Ausgleich anstehenden Geldanspruchs als Zufluss gewertet werden. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn die zeitliche Verzögerung des Forderungsausgleichs ausschließlich im Interesse des Gläubigers liege. Die Zahlung sei lediglich auf Wunsch des Arbeitnehmers in das Jahr 2004 verschoben worden. Steuerlich sei die Abfindungszahlung im Jahr 2003 zu erfassen.
Zur Begründung der hiergegen eingele...