rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des Vorabgewinnanteils aus § 35 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Ob es sich bei einer gesellschaftsvertraglichen Abrede zur Gewinnverteilung um eine Vorabgewinnverteilungsregelung oder eine solche zur allgemeinen Gewinnverteilung handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Charakteristisch für einen Vorabgewinn ist, dass dieser vorrangig und damit auch dann zu zahlen ist, wenn danach kein Restgewinn mehr verbleibt (Anschluss Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 21. Juli 2011 1 K 1150/11).
Erhält ein Kommanditist ausschließlich einen Festbetrag und keinen quotalen Anteil, schließt dies die Annahme eines Vorabgewinns nicht aus. Dass er damit dauerhaft von der Gewerbesteueranrechnung ausgeschlossen wird, steht der Annahme eines Vorabgewinns nicht entgegen.
Normenkette
EStG § 35 Abs. 2 S. 2 Hs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Bescheids für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 18. Januar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2022.
Streitig ist (einzig) der Anteil der einzelnen Gesellschafter am Gewerbesteuermessbetrag der Gesellschaft und daraus folgend der anteilige Gewerbesteuermessbetrag in absoluter Höhe.
Die Klägerin wird auf Grundlage des Gesellschaftsvertrags vom 1. Januar 19XX unter HRA XXX im Handelsregister des Amtsgerichts XXX geführt. Sie betreibt die Herstellung und den Vertrieb von XXX.
An der Klägerin waren im Streitjahr 2007 insgesamt drei Gesellschafter beteiligt. Neben dem Komplementär KR, der allein zur Vertretung berufen ist, waren als Kommanditisten die Beigeladenen KD I (inzwischen aus der Gesellschaft ausgeschieden) sowie KD II beteiligt. Herr KD I war ursprünglich – bis zum 24. Januar 2007 – Komplementär.
Am 24. Januar 2007 fassten die Gesellschafter Beschluss darüber, die Regelung zur Gewinnverteilung nach § 7 des Gesellschaftsvertrags (Gewinn- und Verlustbeteiligung) zu ändern (vgl. Anlage K3). Wörtlich heißt es dort:
Der Gewinn der Gesellschaft wird wie folgt verteilt:
Herr KD II erhält als Gewinn vorweg die Mieteinnahmen aus den Wohnungen und gewerblichen Räumen des Vorderhauses, zur Zeit ca. 36.000,00 €. Dabei sind laufende Unterhaltszahlungen, Reparaturen und sonstige Kosten für das Vorderhaus nicht zu berücksichtigen.
Der Komplementär erhält für die Geschäftsführung vorweg 60.000,00 €.
Der verbleibende Gewinn wird wie folgt verteilt:
Auf den Kommanditanteil von 22.500,00 € erhält Herr KD I fest 100.000,00 €.
Von dem danach verbleibenden Gewinn erhält Herr KR für die Übernahme der Haftung als Komplementär 30 % des verbleibenden Gewinns.
Von dem dann verbleibenden Restgewinn erhält Herr KR 45/55 und Herr KD II 10/55.
Sollte der Gewinn nicht ausreichen, so gilt trotzdem die o.g. Reihenfolge.
Am Verlust nimmt der jeweilige Kommanditanteil nicht teil.“
Gleichzeitig gab der Beigeladene KD I gegenüber dem Beigeladenen KR ein unwiderrufliches Angebot auf Übertragung seiner Anteile an der Klägerin ab, infolgedessen der Beigeladene KD I zum 1. Januar 2019 als Gesellschafter ausschied. In der Zeit bis dahin wurde ihm – einer weiteren Abrede vom 24. Januar 2007 folgend – jeweils die Entnahme eines Jahresgesamtbetrages iHv. 144.000,00 € zugestanden, wobei es dem Beigeladenen KR im Gegenzug zur Übertagung der Gesellschaftsanteile (zum 1. Januar 2019) oblag, das negative Kapitalkonto des Beigeladenen KD I auszugleichen.
In der Zeit vom 5. August 2009 bis zum 17. November 2009 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung XXX eine steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin durch. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen änderte der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO mit Bescheid vom 18. Januar 2010 die bisherige gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007. Der Beklagte teilte dabei den Anteil am Gewerbesteuermessbetrag unter den Gesellschaftern wie folgt auf:
KR: 87,27 % (EUR 19.469,94)
KD I: 0,00 % (EUR 0,00)
KD II: 12,73 % (EUR 2.840,00)
Der Aufteilung lag die Auffassung zugrunde, dass es sich bei der "Festzahlung“ an den Beigeladenen KD I um einen im Rahmen der Aufteilung nach § 35 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EStG nicht zu berücksichtigenden Vorabgewinn handele. Ebenso behandelt wurden die vorweg gezahlten Mieteinnahmen und die Geschäftsführungsvergütung. Die 30 %igte Haftungsvergütung wurde indes der allgemeinen Gewinnverteilung zugeordnet.
Gegen die Feststellung legte zunächst der Beigeladene KD I mit Schreiben vom 18. Februar 2010 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 19. Februar 2019 legte auch die Klägerin, vertreten durch den Beigeladenen KR, Einspruch ein.
Einhellig vertraten beide Einspruchsführer zunächst die Auffassung, es handele sich nicht um einen Vorabgewinn, sondern um einen Gewinnanteil im Rahmen der allgemeinen Gewinnverteilung, aufgrund dessen der Beigeladene KD I an der Verteilung des Gewerbesteuermessbetrages teilnehmen müsse.
Im Rahmen des nicht weniger als ein Jahrzehnt währenden Einspruchsverfahrens kam es sodann zunä...