vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verantwortliche Führung einer Steuerberatungsgesellschaft durch einen Steuerberater

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die verantwortliche Führung einer Steuerberatungsgesellschaft erfordert die maßgebliche Gestaltung sämtlicher von der Gesellschaft zu erbringender Beratungsleistungen. Die nur gelegentliche Anwesenheit des Steuerberater-Geschäftsführers in den Geschäftsräumen reicht nicht aus.

2. Der Steuerberater-Geschäftsführer muss jederzeit innerhalb einer angemessenen und vernünftigen Zeitspanne für den Mandanten und für die Erledigung von Bürogeschäften erreichbar sein und für das kurzfristig notwendig werdende persönliche Gespräch mit Mandanten in angemessener Zeit zur Beratungsstelle der Gesellschaft gelangen können. Eine Fahrzeit von einer Stunde bzw. einer räumlichen Entfernung von ca. 50 km ist unproblematisch.

3. Die verantwortliche Führung erfordert es, dass der Steuerberater selbst Beratungsgespräche mit den Mandanten führt und im Rahmen von Betriebsprüfungen und Jahresabschlussgesprächen mitwirkt.

4. Kennt der Steuerberater-Geschäftsführer weder die Höhe des Gehalts der Angestellten noch den Vermieter der Praxisräume bzw. die Höhe der monatlichen Miete und hat er in den Praxisräumen kein eigenes alleiniges Arbeitszimmer, spricht das gegen die verantwortliche Führung.

 

Normenkette

StBerG § 55 Abs. 2 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2002, 2003, 2004

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.09.2006; Aktenzeichen VII B 328/05)

BFH (Beschluss vom 13.09.2006; Aktenzeichen VII B 328/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft von einem Steuerberater verantwortlich geführt wird.

Die Klägerin wurde als Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung im Juli 2002 gegründet. Mit Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 23. September 2002 wurde die Klägerin von der Beklagten als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der 1925 geborene Steuerberater A. Dieser erhält für seine Geschäftsführer-Tätigkeit ein jährliches Gehalt von 19.200 € (1.600 € monatlich). Die Klägerin betreibt ihre Praxis in gemieteten Räumen in S. Die Fahrtstrecke zwischen den Praxisräumen und der Wohnung des Geschäftsführers in H beträgt laut Internet-Routenplaner „map24” 48 km, die Fahrzeit 56 Minuten.

Zurzeit betreut die Klägerin ca. 350 Mandate. Einen Großteil der Mandate hat die Klägerin von der Praxis des ehemaligen Steuerberaters B übernommen. Dieser war im Juli 2001 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Weiterhin wurde ihm die Ausübung des Berufs eines Steuerberaters für die Dauer von vier Jahren verboten. Die Mandanten der Einzelpraxis B waren ab Februar 2001 zunächst von Herrn B und seinen Mitarbeitern unter der Firma „X Steuerberatungs-GmbH” weiter betreut worden. Gesellschafter-Geschäftsführein der X war die ehemalige Auszubildende von Herrn B, Frau Steuerberaterin G. Der Umfang der tatsächlichen Tätigkeit von Frau G für die X ist Gegenstand eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Die X-GmbH wurde von der Beklagten nicht als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt. Sie wurde im November 2002 im Handelsregister gelöscht. Eine Vergütung für die Übernahme der Mandate hat die Klägerin weder Herrn B noch der X-GmbH gezahlt. Lediglich für die Überlassung des Inventars zahlte die Klägerin von Juli 2002 bis Dezember 2004 monatlich 100 € an Herrn B.

Die Klägerin beschäftigte neben dem Geschäftsführer zunächst fünf Steuerfachangestellte sowie einen Steuerfachwirt. Diese waren alle zuvor für den ehemaligen Steuerberater B sowie zwischenzeitlich für die X GmbH tätig. Soweit sie Vollzeit arbeiten, erhalten die Mitarbeiter Vergütungen zwischen 1.650 € und 3.120 €. Einer der Steuerfachangestellten war der ehemalige Steuerberater B. Dieser schied zum 30. September 2005 als Angestellter aus. Er arbeitet jedoch weiterhin für die Klägerin, soweit dies sein Status als Arbeitslosengeldempfänger zulässt. Einem weiteren Steuerfachangestellten wurde zum 31. Mai 2005 gekündigt.

Die Beklagte begleitete die Klägerin von Beginn an kritisch. So wurde bereits am 13. Februar 2003 ein Gespräch zwischen dem Vizepräsidenten der Beklagten und dem Geschäftsführer der Klägerin geführt, in dem es um die verantwortliche Führung der Klägerin ging. Nachdem die Beklagte im Jahr 2004 Hinweise erhalten hatte, dass der Geschäftsführer der Klägerin in den Geschäftsräumen nicht ständig erreichbar sei und dass die Mandanten von Herrn B verantwortlich betreut würden, gab sie der Klägerin mit Schreiben vom 9. November 2004 Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 18. November 2004 gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit, den rechtmäßigen Zustand einer verantwortlichen Führung der Klägerin durch einen Steuerberater bis zum 3. Dezember 2004 wieder herzustellen.

Hierauf äußerte sich die Klägerin mit Schreiben vom 18. und 19. November 2004 dahingehend, dass sie durch den Steuerberater A verant...

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