Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur rückwirkenden Kraftfahrzeugbesteuerung von sog. „echten” Wohnmobilen ab dem 1. Januar 2006
Leitsatz (redaktionell)
- Mit der Aufhebung von § 23 Abs. 6a StVZO zum 1.5.2005 ist die bis dahin nur für Kombinationskraftwagen bestehende Sonderregelung ersatzlos entfallen.
- Daher kann die Rspr. des BFH, nach der Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild nicht als Pkw zu besteuern sind, keine Geltung mehr beanspruchen.
- In der gesonderten rückwirkenden Wohnmobilbesteuerung (§ 2 Abs. 2b KraftStG) liegt keine unzulässige Rückwirkung.
Normenkette
KraftStG § 2 Abs. 2b; StVZO § 23 Abs. 6a
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beklagte Finanzamt (FA) das Wohnmobil des Klägers zutreffend besteuert hat.
Der Kläger ist Halter des Wohnmobils der Marke Fiat mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX. Das Kennzeichen ist dem Kläger vom Landkreis XXX für die Monate XXX bis XXXX als Saisonkennzeichen zugeteilt worden. Das zulässige Gesamtgewicht des Wohnmobils beträgt 3.100 Kilogramm. Das Wohnmobil verfügt über insgesamt vier Sitzplätze einschließlich des Führerplatzes und der Notsitze. Es hat eine Länge von 5,56 m, eine Breite von 2,21 m sowie eine Höhe von 2,72 m. Vom Landkreis XXXX ist das Wohnmobil verkehrsrechtlich als „SO. KFZ Wohnmobil” eingeordnet worden. Wegen der weiteren technischen Einzelheiten des Fahrzeugs wird auf die Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II für das Fahrzeug des Klägers verwiesen (vgl. Bl. XX ff. der Gerichtsakte). Wegen des äußeren und inneren Erscheinungsbildes des Wohnmobils wird auf die vom Kläger dem Gericht vorgelegten Lichtbilder seines Wohnmobils verwiesen (vgl. Bl. XX der Gerichtsakte).
Mit Kraftfahrzeugsteuer-Änderungsbescheid vom 9. Juli 2007 setzte das FA gegenüber dem Kläger die Kraftfahrzeugsteuer für sein Wohnmobil für die Zeit ab dem 1. März 2006 jeweils für die Monate März bis Oktober auf jährlich 308 € fest. In diesem Bescheid stufte das FA das Wohnmobil des Klägers bis zum 31. Dezember 2005, wie bisher, als sonstiges Fahrzeug ein und für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 als Wohnmobil. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es, dass sich nach § 9 Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz i.d.F. des Dritten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 21. Dezember 2006, Bundesgesetzblatt I 2006, Seite 3344 (KraftStG n.F.) i.V.m. § 2 Abs. 2a KraftStG n.F. ab dem 1. Januar 2006 die Steuer für das Wohnmobil geändert habe. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und machte zur Begründung geltend, dass es sich bei der Neufestsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für sein Wohnmobil um eine „echte Rückwirkung” handele, die verfassungsrechtlich nicht zulässig sei. Von einer zulässigen „unechten Rückwirkung” könne ebenfalls nicht gesprochen werden, weil der Gesetzesentwurf aus dem Jahre 2005 entscheidend andere Regelungen und Besteuerungsgrundlagen vorgesehen hätte, als sie letztendlich im Dritten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 21. Dezember 2006 festgelegt worden seien. So sei für Wohnmobile völlig überraschend eine Stehhöhe von 170 Zentimeter im Bereich der Kochgelegenheit und der Spüle eingeführt worden, von denen im Gesetzesentwurf des Jahres 2005 noch nicht die Rede gewesen sei. Ihm sei zudem jede Dispositionsmöglichkeit genommen worden, um der Steuererhöhung zum 1. Januar 2006 entgegenzuwirken, z.B. durch Umbau, Verkauf oder Abmeldung des Wohnmobils. Mit Einspruchsbescheid vom 25. Juli 2007 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Gesetzgeber habe zum 1. Januar 2006 einen besonderen Steuertarif für Wohnmobile eingeführt, nach dem sich die Steuer nach dem zulässigen Gesamtgewicht und zusätzlich nach den Schadstoffemissionen bemesse. Nach diesem besonderen Steuertarif sei das Wohnmobil des Klägers zu besteuern. Von einer verfassungswidrigen Rückwirkung könne nicht gesprochen werden, da bereits mit der Aufhebung des § 23 Abs. 6a Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) zum 1. Mai 2005 kein schutzwürdiges Vertrauen der Halter von Wohnmobilen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2.800 Kilogramm mehr bestanden habe. Wohnmobilhalter hätten vielmehr seit diesem Zeitpunkt mit einer Neuregelung der Wohnmobilbesteuerung rechnen müssen.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger in der Sache sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Sein Wohnmobil müsse auch im Jahre 2006 weiterhin nach dem zulässigen Gesamtgewicht besteuert werden. Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot dürfe allenfalls aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls durchbrochen werden. Derartige Gründe lägen im Streitfall jedoch nicht vor. Während des Klageverfahrens hat das FA mit Kraftfahrzeugsteuer-Änderungsbescheid vom 6. Dezember 2007 gegenüber dem Kläger für sein Wohnmobil die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 1. März 2006 für die Monate März bis Oktober jährlich auf 201 EUR herabgesetzt, in dem es das Wohnm...