Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung gemäß § 37 Abs. 2 AO bei Überweisung auf gelöschtes Bankkonto
Leitsatz (redaktionell)
- Schuldner des Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO ist derjenige, zu dessen Gunsten die Zahlung geleistet wurde.
- Grds. ist ein Kreditinstitut, das auf Veranlassung des Zahlungsempfängers die Zahlung entgegennimmt und insofern als Zahlstelle auftritt, nicht Leistungsempfänger. Ein Rückforderungsanspruch gegen die Bank besteht nur dann, wenn die Überweisung auf ein nicht mehr bestehenden Konto des Erstattungsberechtigten erfolgt und die Bank den Überweisungsbetrag wegen bestehender Forderungen gegen den Erstattungsberechtigten einbehält.
- Die Weiterleitung des Geldes an den ehemaligen Kunden beruht in einem solchen Fall auf dem eigenen Entschluss der Bank, das ihr vom FA zugewandte Geld ihrem ehemaligen Kunden zugute kommen zu lassen. Diese Weiterleitung muss sich das FA als Leistender nicht zurechnen lassen.
- Verwendet die Bank das ihr überwiesene Geld eigennützig zur Verrechnung mit eigenen Forderungen, richtet sich der Rückforderungsanspruch gegen die Bank als Leistungsempfängerin.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rückforderung einer Steuererstattung auf ein gelöschtes Bankkonto.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Kreditinstitut, bei dem die Steuerpflichtigen M. und F. X. mehrere Giro- und Darlehenskonten unterhielten. Im Besteuerungsverfahren gaben die Eheleute X. dem Beklagte (dem Finanzamt – FA –) das bei der Klägerin geführte Girokonto ...28, ein 2002 eröffnetes Gemeinschaftskonto der Eheleute, als Erstattungskonto an.
Am 27.06.2007 teilte die Klägerin den Kontoinhabern (Anlage K 12, Bl. 57 GA) mit, „aus technischen Gründen mussten wir die Kontonummer ihres Girokontos ändern:
Alte Kontonummer: ...28
Neue Kontonummer: ...89”
Unter der Kontonummer ...28 wurde fortan kein Girokonto mehr geführt. Das Konto ...89 wurde ausweislich des Kontoauszuges der Klägerin vom 17.07.2007 abgeschlossen („Kontoabschließung”). Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Kontoauszug vom 17.07.2007 (Bl. 107 der Verwaltungsvorgänge – Vv –) Bezug genommen, der am 22.03.2010 zu den Verwaltungsvorgängen gelangt ist.
Das Bundeszentralamt für Steuern teilte dem Beklagten aufgrund eines Kontoabrufersuchen am 23.04.2009 (Eingang beim FA) mit, dass die Konten ...28 am 31.05.2007 und ...89 am 17.07.2007 aufgelöst worden seien (Bl. 81 und 83f Vv).
Ebenfalls am 27.06.2007 kündigte die Klägerin gegenüber M. X. das gesamte Kreditverhältnis, stellte Forderungen in Höhe von mehr als … € fällig und erklärte die Aufrechnung wegen bestehender Guthaben. Solche Konten würden aufgelöst und Guthaben mit Forderungen verrechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 13 (Bl. 58f GA) Bezug genommen.
Am 16.01.2008 überwies der Beklagte dem Steuerpflichtigen M. X. auf das Konto Nummer ...28 bei der Klägerin eine Umsatzsteuererstattung in Höhe von 174.241,32 €. Eine Rücküberweisungen des zu unrecht erstatteten Betrages lehnte die Klägerin ab und berief sich auf „ein Pfandrecht an dem …Betrag” aufgrund ihrer „Allgemeinen Geschäftsbedingungen”.
Mit Rückforderungsbescheid vom 28.07.2008 forderte der Beklagte von der Klägerin die 174.241 € zurück, weil die Überweisung „auf ein nicht existierendes gelöschtes Konto” erfolgt sei (Anlage K2, Bl 25f GA). Auf den Einspruch der Klägerin hin (Anlage K 3, Bl 27 – 30 GA) hob der Beklagte diesen Bescheid am 24.06.2009 auf. Eine Begründung beinhaltete der Abhilfebescheid nicht (K 4, Bl 31 GA).
Am 23.12.2009 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin den streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid, durch den er erneut die Rückzahlung der 174.241,32 € fordert. Aufgrund eines Kontoabrufs habe er erfahren, dass das Konto bereits am 31.05.2007 erloschen sei. Die Zahlung sei somit – rechtsgrundlos – an die Klägerin bewirkt worden.
Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos.
In formeller Hinsicht sei das FA gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO der Abgabenordnung (AO) zum Erlass des angefochtenen Rückforderungsbescheides berechtigt gewesen. Für die Aufhebung des Rückforderungsbescheides vom 28.07.2008 am 24.06.2009 sei die Mitteilung der Klägerin ursächlich gewesen, das Überweisungskonto sei am 27.06.2007 zwar gekündigt worden, hätte aber im Zeitpunkt der Überweisung tatsächlich noch bestanden. Diese Angabe sei unvollständig gewesen. So habe die Klägerin nicht mitgeteilt, dass das Girokonto nicht mehr als solches bestanden habe, sondern über ein Zwischenkonto auf das notleidende Kreditkonto überführt worden sei. Aus dem Kontenabruf ergebe sich, dass das Girokonto am 31.12.2007 gelöscht worden sei. Diese fehlende Angabe sei entscheidungserheblich für die Frage, ob die Sparkasse nur als Zahlstelle oder als Zahlungsempfänger anzusehen sei. Dies werde auch durch die Stellungnahme der Klägerin vom 28.08.2008 deutlich. Darin verwende sie ihre Sachverhaltsdarstellung gerade als Argument gegen den ursp...