Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit bei einem sog. Gesamthafenarbeiter im Hamburger Hafen
Leitsatz (redaktionell)
Die Fahrten eines Arbeitnehmers, der als sog. Gesamthafenarbeiter im Hamburger Hafen tätig wird, sind für die Strecke von seiner Wohnung mindestens bis zum Erreichen des Hafengebiets nur mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, §§ 9, 9 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 4 Sätze 1-2, 4, 3; FGO § 100 Abs. 1 S. 1, § 135 Abs. 1
Streitjahr(e)
2014
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit im Streitjahr 2014 seine täglichen Fahrten mit dem privaten PKW zum Hamburger Hafen mit den tatsächlichen Aufwendungen oder nur mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehen kann.
Die Kläger sind im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger arbeitete als Hafenarbeiter auf dem Gebiet des Hamburger Hafens.
Der Kläger war seit Langem, so auch im Streitjahr, als sog. Gesamthafenarbeiter im Hamburger Hafen eingesetzt. Sein Einsatzgebiet war das Gesamtgebiet des Hamburger Hafens, ein Gebiet von 71 qkm Fläche, mehr als 50 Umschlaganlagen und rd. 290 Liegeplätzen. Nach seinem Einstellungsvertrag musste sich der Kläger arbeitstäglich zur Arbeitseinteilung melden. So hatte er nach einem vorgegebenen Schichtplan im Bereitschaftsdienst sicherzustellen, an jedem Arbeitstag den ihm für diesen Arbeitstag zugewiesenen Arbeitsplatz kurzfristig zu erreichen. Eine Besonderheit des Arbeitsverhältnisses des Klägers war, dass die Gesamthafenbetriebsgesellschaft (GHBG) nach dem geltenden Einstellungsvertrag “dem Eingestellten gegenüber insoweit die Funktion eines Arbeitgebers wahr (nimmt), als diese nicht von den Hafeneinzelbetrieben auszuüben ist.”
Die GHBG war für die arbeitstägliche Einteilung des Klägers und dessen Zuweisung zu einem Hafeneinzelbetrieb zuständig. Nach der Einteilung suchte der Kläger jeweils den ihm zugewiesenen Hafeneinzelbetrieb mit seinem eigenen Privat-PKW auf. Der Kläger gehörte dann für den gesamten Arbeitstag der Belegschaft des jeweiligen Hafeneinzelbetriebs an und unterlag dem Direktionsrecht des Hafeneinzelbetriebs als Arbeitgeber, selbst mit der Berechtigung des Hafeneinzelbetriebs, dem Arbeitnehmer nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen fristlos zu kündigen.
Der Kläger arbeitete im Wesentlichen als sog. Van Carrier. Er beförderte als solcher mithilfe von Spezialfahrzeugen, sog. Portalhubwagen, Container über das Hafengelände mit dem Ziel, Schiffe zu be- und entladen. Nach Weisung des jeweiligen Hafeneinzelbetriebs und des dortigen Teammeisters übte der Kläger aber auch zahlreiche weitere Tätigkeiten nach Bedarf aus.
Der Kläger fuhr arbeitstäglich von seiner Wohnung mit dem privaten PKW zu seiner Arbeit. Im Streitjahr waren dies 147 Arbeitstage.
Die Kläger gaben ihre gemeinsame Einkommensteuererklärung für das Streitjahr im Folgejahr 2015 ab. Darin machten sie bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten Aufwendungen für Fahrten des Klägers mit dem privaten PKW von seiner Wohnung zur Arbeit geltend.
Der Beklagte folgte der Berechnung der Kläger zu den Werbungskosten nicht. Er war der Auffassung, für die Fahrten des Klägers zum Hamburger Hafen sei für die Entfernung von der Wohnung des Klägers bis zur Grenze des Hafengebiets ein Werbungskostenabzug nur in Höhe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Lediglich für die Fahrten innerhalb des Hafengebiets seien Aufwendungen in tatsächlicher Höhe, also als Reisekosten mit 0,30 € je gefahrenem Kilometer zu berücksichtigen. Der Beklagte erließ den entsprechenden Einkommensteuerbescheid.
Die Kläger legten Einspruch ein. Sie waren der Auffassung, die Fahrten des Klägers seien nach Dienstreisegrundsätzen bei der Besteuerung zu berücksichtigen. Wenn der Beklagte nur die Entfernungspauschale mit der Begründung berücksichtige, der Hamburger Hafen sei ein weiträumiges Arbeitsgebiet und damit als eine erste Tätigkeitsstätte anzusehen, so sei dieser Auffassung nicht zu folgen. Aufgrund seiner Größe sei der Hamburger Hafen kein weiträumiges Arbeitsgebiet, sondern jeder einzelne Einsatzort innerhalb des Hafengebiets sei für sich zu betrachten. An dieser Betrachtung habe auch die ab dem Jahr 2014 geltende Begrifflichkeit nichts geändert.
Mit der Einspruchsentscheidung setzte der Beklagte die Einkommensteuer geringfügig herab. Diese Herabsetzung ergab sich durch eine geänderte Berechnung des Werbungskostenabzugs für die Fahrten des Klägers. Dabei ging der Beklagte davon aus, sämtliche Fahrten des Klägers auf dem Gebiet des Hamburger Hafens seien nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen. Die Fahrt des Klägers von seiner Wohnung bis zum Erreichen des Hafengebiets sei jedoch nur im Rahmen der Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Somit wies der Beklagte den weitergehenden Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger sind weiterh...