vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von steuerwirksamen Teilwertabschreibungen aus früheren Jahren bei der Ermittlung des Anleger-Aktiengewinns. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 41/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Verlangungszeitraum 2004 sind bei der Ermittlung des Anleger-Aktiengewinns negative Anleger-Aktiengewinne der Vorjahre nach § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG (VZ 2004) auszunehmen. Anderenfalls kommt es zu einer Nachversteuerung steuerwirksamer Gewinnminderungen der Vorjahre. Dies ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen - insbesondere dem Rückwirkungsverbot - nicht vereinbar. Die Regelung des § 8 Abs. 1 Sätze 1, 3 InvStG (VZ 2004) i.Vm. § 8b Abs. 2 Sätze 1, 3, 4 KStG (VZ 2004) untersagt die außerbilanzielle Minderung in Folge von Teilwertzuschreibungen, wenn steuerwirksame Gewinnminderungen aus früheren Jahren in Folge von Teilwertabschreibungen nicht aufgezehrt werden. Damit schafft der Gesetzgeber einen Ausgleich.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4; InvStG §§ 5, 8; KAGG § 40; KStG § 8b

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen für eine Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2004 nach § 174 Abs. 4 AO sowie die Frage einer außerbilanziellen Einkommenskorrektur von besitzanteiligen Anleger-Aktiengewinnen.

Die Klägerin ist ein … Versicherungsunternehmen für…Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 EStG. Das Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

Die Klägerin war bereits vor dem Jahr 2001 an den inländischen Spezial-Investmentfonds A, B und C beteiligt. Sie erwarb in den Folgejahren Anteile hinzu. Aus den Beteiligungen ergaben sich für die Klägerin folgende negative besitzanteilige Anleger-Aktiengewinne im Sinne des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG bzw. § 8 Abs. 2, Abs. 3 InvStG.

Die Klägerin nahm folgende Teilwertab- und -zuschreibungen vor:

Die Teilwertabschreibungen beruhen im Wesentlichen auf den auf Fondsebene realisierten Verlusten aus der Veräußerung von Aktien im Jahr 2002. Die Höhe der Teilwertabschreibungen ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 23. Februar 2006 antragsgemäß zur Körperschaftsteuer für das Streitjahr. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Aus hier nicht relevanten Gründen änderte der Beklagte den Bescheid mit Körperschaftsteuerbescheid vom 9. August 2007 nach § 164 Abs. 2 AO. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

In Folge einer Außenprüfung vom 17. Oktober 2006 bis zum 6. Juli 2012 für den Zeitraum 2001 bis 2005 korrigierte der Beklagte die Teilwertab- und -zuschreibungen außerbilanziell nach § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG bzw. § 8 Abs. 2 InvStG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden vom 13. November 2012. Die Vorbehalte der Nachprüfung wurden aufgehoben.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen.

Während des Einspruchsverfahrens ergingen aus hier nicht relevanten Gründen für das Streitjahr am 13. September 2013 und 13. Februar 2014 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bzw. § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderte Bescheide. Das zu versteuernde Einkommen im letztgenannten Bescheid betrug 108.690.916,- €.

Infolge des BFH Urteils vom 25. Juni 2014 (I R 33/09, BStBl. II 2016, 699), womit der BFH § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG n.F. die Anwendung wegen verfassungswidriger Rückwirkung versagte, und des daraufhin ergangenen BMF-Schreibens vom 25. Juli 2016 (BStBl I. 2016, 763) half der Beklagte dem Einspruch für das Jahr 2002 mit Bescheiden vom 13. Januar und 27. März 2017 und für das Jahr 2003 mit Bescheid vom 27. März 2017 ab, soweit dieser sich auch gegen die rückwirkende Anwendung von § 40a KAGG n.F. im Veranlagungszeitraum 2002 richtete. Die Teilwertabschreibungen in 2002 wurden nicht mehr außerbilanziell hinzugerechnet.

Über die steuerlichen Auswirkungen für das Streitjahr informierte der Beklagte die Klägerin und erläuterte die in Aussicht gestellten Änderungen wie folgt:

Bei den Korrekturbeträgen nach § 8b Abs. 3 KStG handelte es sich jeweils um die kumulierten Teilwertabschreibungen zum 31. Dezember 2004.

Mit Schreiben vom 10. März 2017 nahm die Klägerin ihren Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2004 zurück.

Mit Bescheid vom 27. März 2017 änderte der Beklagte den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr nach § 174 Abs. 4 AO. Der Beklagte nahm die außerbilanzielle Hinzurechnung in Höhe von 66.446.049,- € wie zuvor angekündigt vor.

Zusätzlich verringerte der Beklagte den Steuerbilanzgewinn um 17.121.876,- €. Aus den Erläuterungen zum Bescheid ergab sich, dass die im Erhebungszeitraum 2004 gezahlte Gewerbesteuer für das Jahr 2002 (5.513.787,51 €) und für das Jahr 2003 (1.000.678,- €) gewinnmindernd berücksichtigt worden sei. Zudem erhöhte der Beklagte den für den Erhebungszeitraum 2004 rückgestellten Gewerbesteueraufwand um 10.607.410,- €. Das zu versteuernde Einkommen erhöhte...

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