Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Zinsbescheide vom 14. November 1988
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Bescheide vom 14. November 1988 über Aussetzungszinsen zur Körperschaftsteuer und Ergänzungsabgabe 1971 bis 1973 und zum Stabilitätszuschlag 1973 aufzuheben sind.
Die Klägerin betrieb in der Rechtsform einer GmbH eine Maschinenfabrik.
In der Zeit von Juli 1975 bis März 1976 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung … bei der Klägerin eine Betriebsprüfung u.a. für die Kalenderjahre 1971 bis 1973 durch. Unter Zugrundelegung der, bei der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen (vgl. Bp-Bericht vom 20.04.1976) erließ das beklagte Finanzamt (FA) am 16. Mai 1979 und 3. August 1979 entsprechende Änderungsbescheide für Körperschaftsteuer und Ergänzungsabgabe 1971 bis 1973 und Stabilitätszuschlag 1973. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Diese gewährte das FA antragsgemäß ab Fälligkeit. Das FA wies die Einsprüche mit Bescheid vom 11. März 1982 zurück. Nachdem die Klägerin gegen die Bescheide Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht erhoben hatte, setzte das FA die streitigen Steuerbeträge weiterhin ab Fälligkeit aus. Die Klage wurde mit Urteil vom 29.06.1987 abgeschlossen: sie hatte teilweise Erfolg. Die von der Klägerin erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluß vom 30. März 1988 zurück. Daraufhin hob das FA die gewährte Aussetzung der Vollziehung der unstreitigen Steuerforderungen zur Körperschaftsteuer mit Bescheid vom 9. Juni 1988 und zur Ergänzungsabgabe sowie Stabilitätszuschlag mit Bescheid vom 18. Oktober 1988 auf.
Mit Bescheid vom 16. Juni 1988 setzte das FA Aussetzungszinsen zur Körperschaftsteuer für die Zeit vom 21. August 1987 bis 8. Mai 1988 mit 35.956 DM fest.
Des weiteren berechnete das FA Aussetzungszinsen zur Körperschaftsteuer für die Zeit vom 6. September 1979 (Körperschaftsteuer 1971) bzw. vom 18. Juni 1979 bis zum 15. April 1982 in Höhe von 255.181 DM und für die Zeit vom 16. April 1982 bis zum 5. August 1987 mit 526.207 DM sowie zur Ergänzungsabgabe 1971 bis 1973 in Höhe von 24.728 DM und zum Stabilitätszuschlag 1973 mit 16.281 DM und setzte die Beträge mit Bescheiden vom 14. November 1988 fest.
Gegen diese Zinsbescheide legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Eine Entscheidung hierüber war bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin trägt zur Begründung vor:
Die Zinsbescheide vom 14. November 1988 seien unzulässig. Aus § 239 in Verbindung mit § 155 Abgabenordnung (AO) ergebe sich, daß lediglich ein Zinsbescheid ergehen dürfe. Dieser habe den Aussetzungssachverhalt, der mit der Aussetzung der streitigen Steuerbeträge beginne und mit der Beendigung der Aussetzung ende, zu umfassen. Dabei sei es unerheblich, ob die Aussetzung durch mehrere, nacheinander geschaltete Aussetzungsbescheide erfolgt sei oder nicht.
Würde man die Zulässigkeit der Zweitbescheide bejahen, würde hierdurch die Bestandskraft des Bescheides vom 16. Juni 1988 unterlaufen. Eine Berichtigung des Zinsbescheides vom 16. Juni 1988 sei nur unter den Voraussetzungen der §§ 172 ff. AO zulässig. Diese seien vorliegend nicht erfüllt. Denn das FA habe bei Erlaß des Erstbescheides gewußt, über welchen Zeitraum die streitigen Beträge ausgesetzt gewesen seien. Auch sei keine offenbare Unrichtigkeit gegeben. Das FA habe die anderen Aussetzungszeiträume bewußt nicht berücksichtigt; hierdurch habe es konkludent einen Verzicht auf Erhebung der weiteren Zinsen erklärt.
Im übrigen habe die Klägerin darauf vertrauen dürfen, daß es sich bei dem Zinsbescheid vom 16. Juni 1988 um den einzigen handele, weil dieser weder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung noch vorläufig erteilt worden sei. Im Vertrauen darauf habe die Klägerin diesen bestandskräftig werden lassen.
Die Klägerin beantragt.
die Bescheide über Aussetzungszinsen zur Körperschaftsteuer und Ergänzungsabgabe 1971 bis 1973 und zum Stabilitätszuschlag 1973 vom 14. November 1988 aufzuheben.
Das FA beantragt.
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt das FA vor:
Die Zinsbescheide seien rechtmäßig. Die Festsetzung der Aussetzungszinsen sei zweckmäßigerweise nach Verfahrensabschnitten erfolgt. Dies sei mit den gesetzlichen Vorschriften vereinbar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist trotz des nicht abgeschlossenen Vorverfahrens zulässig.
a) Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 1. Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluß des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist und seit der Einlegung des Rechtsbehelfs mindesten...