rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsbegehren gegenüber bevollmächtigtem Steuerberater
Leitsatz (redaktionell)
- Da § 80 Abs. 3 Satz 1 AO ausdrücklich vorsieht, dass sich die Finanzbehörde nicht an den Stpfl., sondern an den für das Verfahren bestellten Bevollmächtigten wenden soll, ist ein Auskunftsbegehren an den Bevollmächtigten zu richten.
- Als Bevollmächtigter i.S.d. §§ 80 Abs. 1 Satz 1, 122 Abs. 1 Satz 2 AO gilt auch derjenige, der ohne Vollmacht gegenüber den Finanzbehörden wie ein Bevollmächtigter auftritt, wenn der von ihm durch sein Auftreten erzeugte Rechtsschein der Bevollmächtigung dem Vertretenen zurechenbar ist.
- Ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3 b AO besteht nicht, wenn ein Steuerberater als Bevollmächtigter Auskunft für einen Auskunftsverpflichteten erteilen soll.
Normenkette
AO 1977 § 80; AO § 102 Abs. 1, § 122 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger ist Steuerberater. Streitig ist, ob sich der Beklagte mit Rückfragen zu einer Steuererklärung an ihn wenden durfte.
Der Kläger nimmt seit vielen Jahren die steuerlichen Interessen der Steuerpflichtigen B wahr. Er erstellte für sie seit dem Wirtschaftsjahr 1981/82 fortlaufend die Jahresabschlüsse, stand ihnen bei den Außenprüfungen durch den Beklagten für die Jahre 1982 bis 1986 und für die Jahre 1995 bis 1997 bei, führte für sie einen Rechtsbehelf wegen der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 1994 und fertigte für sie zumindest seit dem Veranlagungsjahr 1994 laufend die Einkommensteuererklärungen. Der Kläger erstellte für die Eheleute B auch die Einkommensteuererklärung für 1998 und reichte sie mit Begleitschreiben vom 30.03.2000 beim Beklagten ein.
Im Rahmen der Bearbeitung dieser Steuererklärung bat der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 03.04.2000 um Auskunft und Vorlage verschiedener Unterlagen zum Jahresabschluss 1998/99. Der Kläger sandte dieses Schreiben am 06.04.2000 mit Anmerkungen zurück. Er sah die Anfrage als einen Akt der Außenprüfung an und bat darum, eine formelle Prüfungsanordnung zu erlassen. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Schriftstück Bezug genommen.
Der Beklagte hielt seine Anfrage für nicht hinreichend beantwortet und wandte sich mit Schreiben vom 13.04.2000 erneut an den Kläger und teilte ihm mit, er sei dabei den Sachverhalt aufzuklären; in diesem Zusammenhang bestimme er Art und Umfang seiner Ermittlungen und entscheide auch über die Frage, ob dies gegebenenfalls durch eine Betriebsprüfung geschehe. Weiter führte er aus:
”Nach § 90 Abs. 1 AO sind die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet. Unter Beteiligten im Sinne von § 78 AO sind in der Regel die Steuerpflichtigen (Stpfl.) nach § 33 Abs. 1 AO zu verstehen. Lassen sich die Beteiligten (Stpfl.) nach § 80 AO durch einen Bevollmächtigten vertreten, gelten die Mitwirkungspflichten nach § 90 AO neben den Beteiligten gleichermaßen für den Bevollmächtigten.
Im vorliegenden Fall bin ich davon ausgegangen, daß eine wirksame Vertretungsvollmacht besteht. Sollten Sie sich nicht gegenteilig äußern, gehe ich weiterhin davon aus.
Ich weise mit Nachdruck darauf hin, daß die Beantwortung meines o.g. Schreibens durch Zwangsmittel erzwungen werden kann.”
Eine Zweitschrift dieses Schreibens wurde den Eheleuten B übersandt.
In seinem Antwortschreiben vom 17.04.2000 entgegnete der Kläger, dass der Hinweis auf allgemeine Verfahrensvorschriften sinnlos sei, da die Pflichten des Steuerpflichtigen nicht von einem zufälligen Bearbeiter des Beklagten bestimmt werden könnten, sondern sich aus den einzelnen Steuergesetzen ergäben.
Mit Schreiben vom 20.04.2000 forderte der Beklagte den Kläger erneut zur Beantwortung seiner Fragen auf und kündigte die Einleitung eines Zwangsverfahrens gegen die Eheleute B an, wenn diese ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachkämen.
Der Beklagte sandte den Eheleuten B auch von diesem Schreiben eine Zweitschrift zu und bat sie, in ihrem eigenen Interesse darauf hin zu wirken, dass ihr Steuerberater – der Kläger – die Fragen in dem Schreiben vom 03.04.2000 ordnungs- und wahrheitsgemäß beantworte. Alternativ stellte er den Eheleuten B anheim, die Beantwortung selbst vorzunehmen. Im Falle der Nichtbeantwortung der Fragen sehe er sich veranlasst, ein Zwangsverfahren gegen sie als Steuerpflichtige in die Wege zu leiten.
In allen drei vorgenannten Schreiben des Beklagten an den Kläger wurde der Gegenstand im Betreff wie folgt bezeichnet: ”Einkommensteuererklärung 1998 für Ihre Mandanten H und I B in L”. Eine Rechtsmittelbelehrung war keinem der Schreiben beigefügt. Der Kläger machte in keinem seiner Antwortschreiben geltend, von seinen Mandanten nicht bevollmächtigt zu sein. Die Eheleute B selbst reagierten auf die ihnen vom Beklagten zugesandten Zweitschriften nicht.
Mit Schreiben vom 26.04.2000 erhob der Kläger gegen die Schreiben vom 03., 13. und 20.04.2000 Einspruch. Er beantragte, diese Verfügungen ersatzlos aufzuheben. Sie seien rechtswidrig. Die Verfügungen ließen sich auch nicht auf § 90 AO stützen, da Mitwirkungspflichten sich au...