Entscheidungsstichwort (Thema)

Organisatorischen Eingliederung bei der Organschaft trotz Bildung des maßgeblichen Geschäftswillens bei der ausländischen Muttergesellschaft des Organträgers; gewerbliche Tätigkeit des Organträgers bei Betätigung ab einer gewissen Größenordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bis zur Änderung der einschlägigen Normen durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 war Voraussetzung für das Vorliegen einer gewerbesteuerlichen Organschaft, dass die Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist.
  2. Für das Vorliegen einer gewerbesteuerlichen Organschaft ist es i.d.R. unbeachtlich, wo der Wille des Organträgers gebildet wird, solange auch der außerhalb der Geschäftsleitung gebildete Wille von dieser als für sich verbindlich akzeptiert und umgesetzt wird.
  3. Für die Frage der wirtschaftlichen Eingliederung ist es nicht erforderlich, dass der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Organkreises bei dem herrschenden Unternehmen liegen muss.
  4. Unabhängig von den Gesamtumsätzen im Organkreis liegt eine für die wirtschaftliche Eingliederung ausreichende gewerbliche Tätigkeit des Organträgers, die im Rahmen des Organkreises nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist, bereits dann vor, wenn der absolute Umfang der Betätigung eine gewisse Größenordnung erreicht (hier: Umsätze von 2,6 bis 7,6 Mio. DM).
  5. Die Frage, ob die gewerbliche Tätigkeit des Organträgers im Organkreis nicht von untergeordneter Bedeutung ist, ist im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung in erster Linie anhand des Umsatzesvergleiches zu beantworten. Das schließt aber nicht aus, dass ggf. auch andere Kriterien und Anhaltspunkte hilfreich sein können.
 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 S. 2; KStG § 14 Nrn. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.08.2002; Aktenzeichen I R 83/01)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob zwischen der Klägerin und ihrer alleinigen Gesellschafterin ein Organschaftsverhältnis besteht.

Die Klägerin wurde 1956 als GmbH mit einem Stammkapital von 1.400.000 DM gegründet. Ab 1974 betrug das Stammkapital nach mehreren Erhöhungen 6.700.000 DM, ab März 1994 dann 16.700.000 DM. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war in den Streitjahren die 1967 als N-GmbH gegründete und 1988 umfirmierte C-GmbH. Gesellschafter der C-GmbH sind die U-Corporation (USA) zu 99,99 % und die C-Corporation (USA) zu 0,01 %. Diese Gesellschafterstruktur entstand dadurch, dass die U-Corporation die Geschäftsanteile an der Klägerin erwarb und diese mit Vertrag vom 29.12.1987 in die N-GmbH, jetzige C-GmbH, einlegten.

Die Klägerin produziert und vertreibt …geräte. Unternehmensgegenstand der C-GmbH ist die Herstellung und der Vertrieb von …automaten. Hauptsächlich vertreibt die C-GmbH …automaten, die sie von einer Konzerntochter aus den USA bezieht und in Deutschland mit …geräten vor dem Verkauf nachrüstet. Die C-GmbH bezog in den Streitjahren zwischen ca. 50 und 70 % der von ihr benötigten …geräte von der Klägerin. Die übrigen …geräte bezieht die C-GmbH von der Firma X. Die Art der eingebauten …geräte bestimmt der jeweilige Kunde der C-GmbH.

Die Klägerin vertreibt ihre Geräte weltweit. Die Umsatzerlöse der Klägerin betrugen in den Streitjahren zwischen rund 47 Mio. DM und 84 Mio. DM. Davon entfielen auf Lieferungen an die C-GmbH zwischen 1.500 DM und 270.000 DM. Die Umsatzerlöse der C-GmbH betrugen ab 1989 zwischen rund 2,6 Mio. DM und 7,6 Mio. DM. Hinsichtlich der Umsätze im Einzelnen wird auf die Aufstellung Bl. 80 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin sieht vor, dass die Gesellschaft, wenn nur ein Geschäftsführer vorhanden ist, durch diesen, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen von diesen in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten wird. In den Streitjahren 1988 – 1994 waren Geschäftsführer bei der Klägerin: M. (alleinvertretungsberechtigt lt. Ausnahmeklausel), T bis zum 26.10.1988, W vom 11.04.1989 bis zum 18.05.1992 und L seit dem 16.06.1992. Bei der C-GmbH waren in dieser Zeit Geschäftsführer: M (alleinvertretungsberechtigt), D bis zum 27.07.1992, C bis zum 27.07.1992, W vom 11.04.1989 bis zum 28.07.1992 und L seit dem 27.07.1992.

Bei den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführten Festsetzungen des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für 1988 bis 1992 sowie den gesonderten Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1992 bis 31.12.1994 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) antragsgemäß das Bestehen eines Organschaftsverhältnisses der Klägerin zu der C-GmbH als Organträger. Nach einer Außenprüfung versagte das FA die steuerliche Anerkennung der gewerbesteuerlichen Organschaft und erließ entsprechend geänderte Bescheide. Zur Begründung führte das FA aus, dass die Voraussetzungen für eine gewerbesteuerliche Organschaft nicht vorlägen, da es sowohl an einer wirtschaftlichen als auch an einer organisatorischen Eingl...

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