Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Im Fall des Zuwendungsnießbrauchs bestellt der Eigentümer des Grundstücks einem Dritten, z. B. einem nahen Angehörigen, ein Nießbrauchsrecht an seinem Grundstück. Die Rechtsbestellung kann entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.
1.1.1 Entgeltliche, teilentgeltliche und unentgeltliche Rechtsbestellung
Eine entgeltliche Rechtsbestellung liegt vor, wenn der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen sind. Bei nicht miteinander verwandten oder durch sonstige Beziehungen miteinander verbundenen Personen ist bei einer Entgeltvereinbarung davon auszugehen, dass der Wert des Nießbrauchs und der Wert der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgewogen sind. Ansonsten ist von einer teilentgeltlichen Rechtsbestellung auszugehen, d. h. der Vorgang ist in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.
Ist der Wert der Gegenleistung jedoch im Verhältnis zum Wert des Nießbrauchs so bemessen, dass bei Zugrundelegung einer zwischen Fremden üblichen Gestaltung nicht mehr von einer Gegenleistung ausgegangen werden kann, liegt ein unentgeltlich bestellter Nießbrauch vor. Die Finanzverwaltung geht hiervon regelmäßig dann aus, wenn der Wert der Gegenleistung weniger als 10 % des Werts des Nießbrauchs beträgt.
1.1.2 Unentgeltlich bestellter Nießbrauch
Die i. d. R. zwischen nahen Angehörigen anzutreffende unentgeltliche Nießbrauchsbestellung führt zum Übergang der Nutzungsbefugnis auf den Nießbraucher. Bei einem vermieteten Grundstück tritt der Nießbraucher in die Rechtsstellung des Eigentümers als Vermieter ein. Dies hat zur Folge, dass die Einkunftserzielung und damit auch die Möglichkeit des Werbungskostenabzugs allein beim Nießbraucher liegen.
Räumt der Eigentümer eines vermieteten (Mietwohn-)Grundstücks einem Dritten ein entgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein, so hat der Eigentümer das für die Bestellung des Nießbrauchsrechts gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern. Die dingliche Natur des Nießbrauchsrechts steht der Zurechnung des Entgelts zu den steuerpflichtigen Einnahmen nicht entgegen, da die Begriffe "Vermietung" und "Verpachtung" einkommensteuerlich weit auszulegen sind und auch wirtschaftlich vergleichbare Nutzungsüberlassungen einschließen.
Sind dem Nießbraucher die Einnahmen zuzurechnen, kann er Werbungskosten, insbesondere Erhaltungsaufwand geltend machen, soweit er kraft der Vereinbarung oder der Regelung des Gesetzes die Lasten zu tragen hat. Da die gesetzlichen Regelungen zur Lastenverteilung vertraglich abdingbar sind, ist es steuerlich von Vorteil, die Lastentragung möglichst beim Nießbraucher anzusiedeln. Außerdem ist zu beachten, dass die gleichmäßige Verteilung von größerem Erhaltungsaufwand auf 2–5 Jahre bei einem überwiegend Wohnzwecken dienenden Gebäude nach § 82b EStDV möglich ist.
Ende des Nießbrauchs vor Ablauf des Verteilungszeitraums
Endet der Nießbrauch, z. B. weil der Nießbraucher verstirbt, vor Ablauf des Verteilungszeitraums, darf der Nießbraucher den noch nicht berücksichtigten Teil des Erhaltungsaufwands nur noch im Jahr der Beendigung des Nießbrauchs abziehen. Die von einem Nießbraucher geleisteten Aufwendungen sind nach seinem Tod in der für ihn durchzuführenden Veranlagung zu berücksichtigen, d. h. der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, eine spätere Verteilung nach § 82b EStDV vorzunehmen. So sieht das auch der BFH. Hat der die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielende Nießbraucher größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und wird der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers innerhalb des Verteilungszeitraums beendet, kann der Eigentümer den verbliebenen Teil der Erhaltungsaufwendungen nicht als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen.
Wird der Nießbrauch aufgehoben, bevor der vom Nießbraucher in Anspruch genommene Verteilungszeitraum nach § 82b EStDV endet, kommt ein Werbungskostenabzug der auf den restlichen Verteilungszeitraum entfallenden Erhaltungsaufwendungen beim Eigentümer ebenfalls nicht in Betracht.
Sofern sich der Nießbraucher nur zur Übernahme der Kosten nach der gesetzlichen Lastenverteilung verpflichtet, gleichwohl aber Aufwendungen tätigt, die der Eigentümer hätte übernehmen müssen, ist der Werbungskostenabzug i. d. R. ausgeschlossen. Denn verzichtet der Nießbraucher gegenüber dem Eigentümer von vornherein auf den ihm zustehenden Ersatzanspruch oder steht schon bei der Aufwendung fest, dass der Ersatzanspruch nicht zu realisieren ist, geht die Finanzverwaltung von einer steuerlich nicht abziehbaren Zuwendung aus. Ein Werbungskostenabzug ist dagegen möglich, wenn der gesetzlich bestehende Ersatzanspruch zwar geltend gemacht, aber nicht realisiert wird.