Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellungsverfahren nach § 202 KO. Konkursverwalter. Beschwerdeberechtigung. Wahrung der Interessen der Massegläubiger. Vor Einstellung des Konkursverfahrens Befriedigung der Massegläubiger. Gemeinschuldner aus seinem konkursfreien Vermögen nicht zur Zahlung eines die Masseverbindlichkeit deckenden Vorschusses verpflichtet

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In dem Einstellungsverfahren nach § 202 KO nehmen der Gemeinschuldner und die Konkursgläubiger zwar ihre Interessen selbst wahr, der Konkursverwalter ist jedoch verpflichtet, für die Wahrung der Interessen der Massegläubiger einzutreten; jedenfalls dann, wenn und soweit diese nicht aus der vorhandenen Konkursmasse bereits befriedigt sind.

2. Der Konkursverwalter hat vor Einstellung des Konkursverfahrens die Massegläubiger aus der Masse zu befriedigen.

3. Auch wenn die Masse zur Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreicht, ist der Gemeinschuldner nicht verpflichtet, aus seinem – konkursfreien – Vermögen Beiträge zur Deckung der Masseansprüche einzuzahlen. Auch bei unzulänglicher Masse ist die Befriedigung der Masseansprüche nur unter Berücksichtigung von § 60 KO durchzuführen.

 

Normenkette

KO §§ 202, 205, 191, 60

 

Verfahrensgang

AG Hameln (Beschluss vom 10.04.1981; Aktenzeichen 26 N 54/79)

LG Hannover (Aktenzeichen 8 T 75/81)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Gemeinschuldners wird der angefochtene Beschluß – unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

  1. Der die Einstellung des Konkursverfahrens nach § 202 Konkursordnung aussprechende Beschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts Hameln vom 10. April 1981 wird aufgehoben.
  2. Der Antrag des Konkursverwalters vom 1. April 1981 auf Forderung eines Betrages in Höhe von 80.000 DM vom Gemeinschuldner zur Abdeckung der Masseverbindlichkeiten vor Einstellung des Verfahrens nach § 202 KO bleibt – wie im Beschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts Hameln vom 10.4.1981 ausgesprochen – zurückgewiesen.
  3. Die Gerichtskosten der Verfahren über die sofortige Beschwerde und die sofortige weitere Beschwerde tragen die jeweiligen Beschwerdeführer nach einem Wert von 30.000 DM.

Die außergerichtlichen Kosten beider Beschwerdeverfahren werden nach einem Wert von 60.000 DM gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

Die sofortige weitere Beschwerde, die mit dem Schriftsatz vom 18. August 1981 begründet worden ist, ist gemäß den §§ 72, 73 KO 568 Abs. 2 ZPO zulässig, jedoch nur begründet, soweit das Landgericht den Beschluß des Rechtspflegers aufgehoben hat, der die Forderung auf Zahlung eines Betrages von 80.000 DM zur Abdeckung der Masseverbindlichkeiten durch den Gemeinschuldner zurückwies.

I.

Zu Recht hat das Landgericht im angefochtenen Beschluß die Beschwerdeberechtigung des Konkursverwalters bejaht. Soweit im Kommentar von Jäger-Lent (Anm. 10 zu §§ 202, 203) eine Beschwerdeberechtigung des Konkursverwalters bei einer Einstellung nach § 202 KO generell verneint wird, kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. In dem Einstellungsverfahren nach § 202 KO nehmen der Gemeinschuldner und die Konkursgläubiger zwar ihre Interessen selbst wahr, der Konkursverwalter ist jedoch verpflichtet, für die Wahrung der Interessen der Massegläubiger einzutreten; jedenfalls dann, wenn und soweit diese nicht aus der vorhandenen Konkursmasse bereits befriedigt sind. Die Einstellung nämlich ließe die vorhandene Konkursmasse an den Gemeinschuldner fließen. Die Massegläubiger müßten sich dann wegen ihrer Ansprüche an den vormaligen Gemeinschuldner halten. Würde man ihnen nicht zumindest durch den Konkursverwalter ein Beschwerderecht für die Fälle, in denen noch Masse zu verteilen ist, zugestehen, so wären sie schlechter gestellt als die eigentlich nachrangigen Konkursgläubiger, weil die Ansprüche gegen den vormaligen Gemeinschuldner schwerer zu realisieren wären als gegen die Masse.

 

Entscheidungsgründe

II.

Zu Recht ist das Landgericht auch davon aus gegangen, daß der Rechtspfleger die Einstellung nach § 202 KO noch nicht aussprechen durfte. Durch den Verweis in § 205 KO – der auch im Verfahren nach § 202 KO gilt – auf § 191 KO ist klargestellt, daß vor Einstellung der Konkursverwalter – noch in seiner Eigenschaft als solcher – die Massegläubiger aus der Masse zu befriedigen hat (Jäger-Lent: Kommentar zur Konkursordnung Anm. 9 zu §§ 202, 203 und Anm. 2 zu §§ 205 und 206). Wollte man dies dem Konkursverwalter verwehren, indem man die Einstellung des Konkursverfahrens verfügt, bevor die Verteilung der Masse an die Massegläubiger erfolgt ist, würde man die Massegläubiger des Schutzes berauben, den ihnen die Konkursabwicklung durch den Verwalter bietet. Sie würden – wie bereits oben ausgeführt – schlechter stehen als die Konkursgläubiger und dem Gemeinschuldner würde die Möglichkeit eröffnet, die ihm übertragene Masse dem Zugriff gerade der Massegläubiger zu entziehen. Die Massegläubiger aber im Einstellungsverfahren nach § 202 KO derartig schutzlos zu stellen, ist nicht gerechtfertigt.

III.

Eine...

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