Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzpflicht eines fremdnützigen Treuhänders durch Eröffnung eines Kontos für den Schuldner zum Nachteil der Insolvenzgläubiger
Leitsatz (redaktionell)
1. Veranlasst ein Schuldner Überweisungen an einen uneigennützigen Treuhänder, so scheidet aus seinem Vermögen lediglich die formelle Rechtsstellung aus. Diese kann nach der Insolvenzeröffnung nicht zurückgewährt werden, weil das Treuhandverhältnis beendet ist. Auch ein Anspruch auf Wertersatz nach § 143 I S. 2 InsO iVm §§ 819 I, 818 IV, 292 I, 989 BGB kommt nicht in Betracht. Ein fremdnütziger Treuhänder kann sich auf Entreicherung berufen, wenn er das Erlangte im Rahmen des Treuhandverhältnisses verwendet hat. Nur wenn er das Treugut zu seinem eigenen Vorteil veräußert oder verbraucht hat, muss er Wertersatz leisten.
2. Ein Dritter schuldet aber Schadensersatz nach § 823 II BGB iVm §§ 288 I, 27 StGB, § 92 S. 1 InsO, wenn er ein Konto auf seinen Namen eröffnet und es dem Schuldner zur Verfügung stellt, damit dieser auf Geld zugreifen kann, das sonst zur Masse des Insolvenzverfahrens gelangt wäre. Ein Dritter kann schadensersatzpflichtig sein, wenn er mit dem Schuldner zusammenwirkt, um dessen pfändbares Vermögen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen. Kennt der Dritte die Umstände einer Vereitelung der Zwangsvollstreckung, leistet er Beihilfe. Den dabei entstehenden Schaden können die geschädigten Gläubiger während des Insolvenzverfahrens nicht selbst, sondern nach § 92 S. 1 InsO ausschließlich durch den Insolvenzverwalter geltend machen, ohne dass sie ihm hierzu ihre Ansprüche abtreten müssen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; StGB § 288 Abs. 1; InsO § 92 S. 1, § 143 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stade (Beschluss vom 23.08.2011; Aktenzeichen 5 O 170/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Stade vom 23. August 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 26. September 2011 ist unbegründet. Das Landgericht hat ihren Antrag, ihr Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz zu gewähren, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Rechtsverteidigung der Beklagten hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO.
I.
Es kann dahinstehen, ob dem Kläger die geltend gemachte Forderung in Höhe von 9.000,00 EUR als Rückgewähranspruch gemäß § 143 Abs. 1 InsO zusteht. Er hat bereits nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten einen Schadensersatzanspruch gegen diese aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 288 Abs. 1, 27 StGB, § 92 S. 1 InsO.
1.
Das Verteidigungsvorbringen der Beklagten zu Grunde gelegt, hätte der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgewähr oder Wertersatz nach §§ 129 ff. InsO. Die Beklagte hatte nach ihrem Vortrag das Konto als uneigennützige Treuhänderin inne, ohne von dem Guthaben etwas für sich zu erlangen. Die Beklagte kann sich danach darauf berufen, dass der Schuldner das Guthaben ausschließlich für sich verwendet hat.
Veranlasst der Schuldner Überweisungen an einen uneigennützigen Treuhänder, so scheidet aus seinem Vermögen lediglich die formelle Rechtsstellung aus. Diese kann nach der Insolvenzeröffnung nicht zurückgewährt werden, weil das Treuhandverhältnis beendet ist. Auch ein Anspruch auf Wertersatz nach § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB kommt nicht in Betracht. Ein fremdnütziger Treuhänder kann sich auf Entreicherung berufen, wenn er das Erlangte im Rahmen des Treuhandverhältnisses verwendet hat. Nur wenn er das Treugut zu seinem eigenen Vorteil veräußert oder verbraucht hat, muss er Wertersatz leisten (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993 – IX ZR 100/93, zitiert nach […], Tz. 24 ff.; Senat, Urteile vom 18. Mai 2006 – 13 U 120/03, zitiert nach […], Tz. 28; vom 20. November 2008 -13 U 167/08, zitiert nach […], Tz. 11).
Die Beklagte war fremdnützige Treuhänderin, weil sie für den Schuldner, ihren Vater, ein Konto auf ihren Namen eingerichtet hat. Sie trägt vor, sie habe damit ihrem Vater die Möglichkeit verschaffen wollen, bargeldlose Zahlungen entgegenzunehmen, was seinerzeit nicht der Fall gewesen sei. Das Konto sei zwischenzeitlich aufgelöst worden, und ihr Vater habe das Geld abgehoben und für sich verwendet. Die Beklagte brauchte daher keinen Wertersatz zu leisten, wenn sie ihre treuhänderische Stellung nicht dafür eingesetzt hätte, das Geld auf dem Konto mit ihrem Namen für sich zu verwenden.
2.
Die Beklagte schuldet dem Kläger aber unter Zugrundelegung ihres eigenen Vorbringens Schadensersatz gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 288 Abs. 1, 27 StGB, § 92 S. 1 InsO.
Die Beklagte hat das Konto auf ihren Namen eröffnet und es ihrem Vater zur Verfügung gestellt, damit dieser auf Geld zugreifen konnte, das sonst zur Masse des Insolvenzverfahrens gelangt wäre. Sie hat selbst vorgetragen, dass sie die Kontoeröffnung vornahm, um dem Schuldner die Möglichkeit zu verschaffen, bargeldlose Zahlun...