Leitsatz (amtlich)
1. Beim Unternehmenskauf kann die Werthaltigkeit von Kundenforderungen ein wichtiger Faktor für die Vorstellungen der Parteien vom Wert des Unternehmens sein. Bleibt die tatsächliche Werthaltigkeit der Kundenforderungen hinter den bilanzierten Werten zurück, kommt ein Sachmangel des verkauften Unternehmens in Betracht (§ 434 BGB bzw. § 459 Abs. 1 BGB a.F.)
2. Sieht der Unternehmenskaufvertrag vor, dass der Kaufpreis nachträglich reduziert werden soll, wenn sich bestimmte Kundenforderungen als uneinbringlich herausstellen, so handelt es sich gegebenenfalls um eine Regelung über die Modalitäten einer Minderung i.S.v. § 437 Nr. 2 BGB bzw. § 462 BGB a.F.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 17.08.2006; Aktenzeichen 1 O 243/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Freiburg vom 17.8.2006 - 1 O 243/05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin erwarb mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11.12.1996 (im Folgenden: "O.-Vertrag") von dem Beklagten Ziff. 1, von dessen - inzwischen verstorbenen - Ehefrau und von dem Beklagten Ziff. 2 sämtliche Gesellschaftsanteile der O. Getränke-Vertriebsgesellschaft m.b.H. Mit weiterem Vertrag vom selben Datum (im Folgenden: "J.-Vertrag ") erwarb die Klägerin von mehreren Verkäufern - u.a. den Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 - sämtliche Kapitalanteile der Gebrüder J. Bierbrauerei GmbH und Co. KG.
Die Klägerin hat die vertraglich vereinbarten Kaufpreise bezahlt. Die Kaufpreise waren nach bestimmten, in den Verträgen genauer geregelten, Modalitäten auf der Basis von Übernahmebilanzen berechnet worden, die jeweils für den Übernahmestichtag (1.1.1997) erstellt wurden. Die Übernahmebilanzen enthielten u.a. die zum Stichtag bestehenden Forderungen der beiden Gesellschaften. Die Verträge enthielten zudem Regelungen für eine nachträgliche Kaufpreiskorrektur zugunsten der Klägerin, wenn und soweit die in den Bilanzen ausgewiesenen Forderungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht bezahlt werden würden (§ 3 Abs. 5 O.-Vertrag, bzw. § 3 Abs. 9 J.-Vertrag). Gestützt auf diese Regelungen hat die Klägerin erstinstanzlich Rückzahlung eines Teiles der von ihr bezahlten Kaufpreise verlangt.
Die Klage hat sich zunächst gegen den Beklagten Ziff. 1, dessen - inzwischen verstorbene - Ehefrau (erstinstanzlich Beklagte Ziff. 2) und den jetzigen Beklagten Ziff. 2 (erstinstanzlich Beklagter Ziff. 3) gerichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten Ziff. 1 u. Ziff. 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 236.811,31 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 22.6.1998 Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden nicht beglichenen Forderungen gem. II A 1-3 der Klageschrift zu zahlen,
2. die Beklagten Ziff. 1, 2 u. 3 als Gesamtschuldner zu verurteilen, 144.760,44 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 28.5.1998 Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden nicht beglichenen Forderungen gemäß II. B der Klageschrift zu zahlen, und
3. festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin jeweils die Aufwendungen zu erstatten haben, die diese bei der Geltendmachung von den in Ziff. 1 oder Ziff. 2 erwähnten Forderung gemacht hat.
Die Beklagten haben sich gegen die Klage mit verschiedenen Einwendungen verteidigt; sie haben insbesondere die Einrede der Verjährung erhoben.
Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das Urteil des LG Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zwar seien die Ansprüche der Klägerin nicht verjährt; denn es handele sich nicht um Gewährleistungsansprüche, für die ggf. eine kurze Verjährungsfrist Anwendung finden könnte. Es handele sich vielmehr um eigenständige Ansprüche zur Korrektur des Kaufpreises, für welche nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht die 30-jährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F. gegolten habe. Nach den insoweit für die Zeit bis zur Klageerhebung geltenden Übergangsregelungen sei auch in der Zeit ab dem 1.1.2002 bis zur Rechtshängigkeit Verjährung nicht eingetreten. Den Ansprüchen stehe jedoch eine vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist entgegen, welche die Klägerin versäumt habe. Diese Frist ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus den Verträgen; aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelungen - insbesondere aus der Vereinbarung von Ausschlussfristen für andere vertragliche Ansprüche - sei eine solche Ausschlussfrist für die streitgegenständlichen Ansprüche im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu entnehmen. Außerdem seien die Ansprüche der Klägerin verwirkt. Der Klageantrag Ziff. 3 (Feststellung) sei im Übrigen unzulässig, da die Klägerin insoweit Leistungsklage hätte erheben k...