Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 1 O 313/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 08.05.2020, Az. 1 O 313/17, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 08.05.2020, Az. 1 O 313/17, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 531.550,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 441.460,71 EUR seit dem 12.09.2017 und aus weiteren 90.090,24 EUR seit 13.12.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.251,75 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2017 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 12 % und die Beklagte zu 88 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Schadensersatz aufgrund einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten bei ihrer Tätigkeit als Steuerberaterin.
Der Zedent, Herr Dr. A. G., betrieb bis einschließlich Juli 2008 eine nephrologische Einzelpraxis.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat seit dem Jahr 2001 und die Beklagte seit ihrer Gründung im Jahr 2005 bis einschließlich 2010 die Zedenten Herrn Dr. A. G. (im Folgenden: "Zedent G.") und dessen Ehefrau Dr. E. G. aufgrund entsprechender Beauftragung in allen anfallenden steuerlichen Angelegenheiten beraten und vertreten, einschließlich der Angelegenheiten in Bezug auf die Arztpraxis. Ferner war sie beauftragt, die Finanz- und Lohnbuchhaltung zu führen und die Einnahmenüberschussrechnung zu erstellen.
Im Jahr 2006 wurde von dem Zedenten G. die D. S. AG gegründet. Dem war eine Beratung durch die Beklagte vorausgegangen. Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung die Erbringung von Dienstleistungen im medizinischen Bereich mit Ausnahme ärztlicher Tätigkeit, Patienten- und Krankentransporte, den Handel mit medizinischen Produkten und Geräten, Personalleasing sowie Abrechnungsservice. Alleiniger Anteilseigner und alleiniger Vorstand der D. S. AG war der Zedent G.. Die D. S. AG erbrachte in der Folge derartige Leistungen für die Arztpraxis des Zedenten G.. Die Leistungsbeziehungen zwischen der D. S. AG und der Praxis war in keinem schriftlichen Vertrag geregelt worden. Auch hinsichtlich der D. S. AG war die Beklagte mit der Beratung und Vertretung in allen steuerlichen Angelegenheiten sowie mit der Finanz- und Lohnbuchhaltung und der Erstellung der Jahresabschlüsse beauftragt.
Seit dem 01.08.2008 betrieb der Zedent G. die Arztpraxis nicht mehr als Einzelpraxis, sondern als Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR, an der neben dem Zedenten G. der weitere Zedent Herr Dr. K. D. (im Folgenden: "Zedent D.") seit diesem Zeitpunkt mit einem Anteil von 24,9 % beteiligt ist. Auch hinsichtlich der GbR war die Beklagte mit der Steuerberatung, der Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie der Erstellung der Einnahmenüberschusserklärungen beauftragt. Die D. S. AG erbrachte ihre Leistungen fortan - weiterhin ohne schriftliche Vereinbarung - für die Gemeinschaftspraxis.
Seit dem Jahr 2007 war die Beklagte beauftragt, den Zedenten D. und dessen Ehefrau K. D. in allen anfallenden Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten.
Für die Jahre 2007 bis einschließlich 2010 erstellte die Beklagte die Steuererklärungen und die Einnahmenüberschussrechnungen für die zunächst als Einzelpraxis, später in Form einer GbR als Gemeinschaftspraxis betriebene Arztpraxis und erstellte die Finanz- und Lohnbuchhaltung für diese.
Bis einschließlich des Jahres 2010 bezahlte die Arztpraxis die Leistungen der D. S. AG, ohne dass diese Rechnungen ausstellte. In der Praxis wurden die Zahlungen auf das Konto 5200 gebucht, das dem Festhalten von Wareneingang ohne Steuer (Vorsteuer) diente. Die Jahresergebnisse der Einzel- und später Gemeinschaftspraxis ermittelte die Beklagte auf der Grundlage der von ihr erstellten Einnahmenüberschussrechnungen, wobei die unter dem Konto 5200 gebuchten Zahlungen an die D. S. AG als Belastung des jeweiligen Jahresergebnisses angesetzt wurden. Die Jahresergebnisse wurden wiederum von der Beklagten in die Einkommenssteuererklärungen der Zedenten übernommen. Hierauf ergingen Steuerbescheide, deren Steuern die Zedenten abführten. Hinsichtlich der Einzelheiten der festgesetzten Steuern wird auf die Kopien der Bescheide (Anl. K 9-16 und K 22-24) Bezug genommen.
Im Jahr 2013 fand durch das Finanzamt S. eine Betriebsprüfung der Einzel- und Gemeinschaftspraxis für die ...