Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung. Vermächtnisanordnung. Erbeinsetzung
Leitsatz (amtlich)
Zu der Abgrenzung zwischen Vermächtnisanordnung und Erbeinsetzung.
Normenkette
BGB § 2087 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Stendal (Beschluss vom 30.03.2006; Aktenzeichen 25 T 53/06) |
AG Stendal (Aktenzeichen 62 VI 306/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Stendal vom 30.3.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 31.583,11 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) begehrt die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Erbin der Erblasserin aufweist. Mit Beschluss vom 25.8.2005 hat das AG - Nachlassgericht - Stendal den Antrag zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 18.11.2005 hat es der Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen diesen Beschluss nicht abgeholfen, und zwar auch im Hinblick auf einen Hilfsantrag, wonach die Beteiligte zu 1) eine Erbenstellung zu 23/100 anstrebt.
Mit Beschluss vom 9.1.2006 hat die 5. Zivilkammer des LG Stendal die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Sodann hat sich das AG veranlasst gesehen, auch den hilfsweise gestellten Antrag der Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 10.2.2006 förmlich zurückzuweisen. Gegen diesen Beschluss hat sich die Beteiligte zu 1) wiederum mit der Beschwerde gewandt, die das LG mit Beschluss vom 30.3.2006 zurückgewiesen hat.
Gegen diesen, ihr am 6.4.2006 zugestellten Beschluss, wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der weiteren Beschwerde und nimmt zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen Bezug.
II. Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig. Sie ist nach § 27 Abs. 1 S. 1 FGG statthaft und wurde nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 S. 2 FGG wirksam eingelegt.
Die weitere Beschwerde ist indes unbegründet. Sie ist eine Rechtsbeschwerde und dient nicht der Nachprüfung von Tatfragen, sondern führt nur zu einer Überprüfung der Vorentscheidung hinsichtlich der Rechtsanwendung einschließlich des Verfahrens. Ihre Begründetheit setzt deshalb voraus, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die angefochtene Entscheidung des LG hält jedoch einer rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Tatsachenfeststellungen des Beschwerdegerichts, da diese ohne Verletzung des Gesetzes erfolgt sind, gebunden (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO; Bassenge/Herbst, § 27 FGG, Rz. 12).
Das LG hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Erblasserin am 25.8.1997 und am 19.9.2002 wirksame letztwillige Verfügungen verfasst hat.
Ferner hat das LG rechtsfehlerfrei festgestellt, dass diese letztwilligen Verfügungen, insb. das als "Zusatz zu meinem handschriftlichen Testament" überschriebene Schriftstück vom 19.9.2002, nicht Grundlage für eine Erbenstellung der Beteiligten zu 1) sein können. Insofern nimmt der Senat auf die ausführliche und zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses Bezug.
Lediglich ergänzend sei noch bemerkt, dass die Wortwahl der Erblasserin keinesfalls zwingend den Schluss auf eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) zulässt. Die Erblasserin hat die Beteiligte zu 1) mit einem Sparguthaben bedacht, das einen namhaften Betrag, nämlich rund 30.000 EUR aufweist. Der juristische Laie wird eine derartige Zuwendung eben gerade nicht als Vermächtnis qualifizieren, sondern er wird, beispielsweise auf eine Nachfrage zu dem Nachlass der Erblasserin, antworten, etwas "geerbt" zu haben. Dafür, dass der Erblasserin bei der Abfassung der letztwilligen Verfügungen die in Rede stehende Differenzierung bekannt war, sind keine Umstände ersichtlich und von der Beteiligten zu 1) dargelegt worden.
Entscheidend ist, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 1) nach dem eindeutigen Wortlaut der letztwilligen Verfügung vom 16.9.2002 mit dem Guthaben eines konkret bezeichneten Sparkontos bedenken wollte, so dass unter Anwendung der Auslegungsgrundsätze gem. § 2087 Abs. 2 BGB eine Erbenstellung der Beteiligten zu 1) nicht angenommen werden kann.
Die testamentarische Zuwendung eines bestimmten Gegenstandes ist gem. § 2087 Abs. 2 BGB im Zweifel als Vermächtnisanordnung und nicht als Erbeinsetzung anzusehen. Diese Auslegungsregel greift nur dann nicht ein, wenn ein anderer Wille des Erblassers festgestellt werden kann. So liegt es nahe, eine Person, der der Hauptnachlassgegenstand, insb. bei Zuwendung von Immobilien wie dem Hausgrundstück oder der Eigentumswohnung des Erblassers (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1177; 1392; BayObLG v. 19.4.2000 - 1 Z BR 130/99, NJW-RR 2000, 1174), zugewiesen ist, als Alleinerben anzusehen (BayObLG v. 15.5.1998 - 1Z BR 22/98, FamRZ 1999, 59). Denn die Zuwendung des wertmäßigen Hauptnachlassgegenstandes ist als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Nachlass dadurch im Wesentlichen erschöpft wird oder wenn der objektive Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich übertrifft, dass der Erblasser ihn off...