Leitsatz (amtlich)
Für die Wirksamkeit eines sog. 3-Zeugen-Testaments genügt es nicht, wenn der 3. Zeuge erst nach Abschluss der Erklärung des letzten Willens des Erlassers erfährt, dass er Zeuge sein soll.
Verfahrensgang
LG Rottweil (Beschluss vom 17.04.2003; Aktenzeichen 1 T 148/00) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten 5) und 6) gegen den Beschluss des LG Rottweil vom 17.4.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten 5) und 6) tragen die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und haben den anderen Beteiligten deren im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: bis 600.000 Euro.
Gründe
I.1. Die Beteiligten sind sich uneins darüber, wer Erbe der am 6.1.2000 verstorbenen Erblasserin geworden ist. Die Beteiligten 1) und 2) sehen sich als erbvertragliche Ersatzerben an Stelle der vor der Erblasserin verstorbenen Tochter zur Erbschaft berufen; die Beteiligten 3) und 4) halten sich als gesetzliche Erben für erbberechtigt und die Beteiligten 5) und 6) leiten ihr Erbrecht aus einem Nottestament (sog. Drei-Zeugen-Testament) vom 26.12.1999 her.
Das Notariat Freudenstadt hat als Nachlassgericht nach einigen Abklärungen mit Vorbescheid vom 19.7.2000 angekündigt, auf Grund des Nottestaments vom 26.12.1999 einen Erbschein zu Gunsten der Beteiligten 5) und 6) ausstellen zu wollen. Die Entscheidung über den Erbscheinsantrag der Beteiligten 1) und 2) hat es zurückgestellt.
Das LG Rottweil hat nach vorausgegangener Zurückverweisung durch Beschluss des 19. Zivilsenats vom 31.10.2001 (OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.10.2001 – 19 (8) W 196/01) diesen Vorbescheid auf Beschwerde der Beteiligten 1) und 2) (erneut) mit Beschluss vom 17.4.2003 aufgehoben. Es ist auf der Grundlage des von ihm ermittelten Sachverhalts zu der Überzeugung gekommen, dass das Testament der Erblasserin vom 26.12.1999 nichtig ist. Es genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 2250 Abs. 2 BGB nicht, weil nicht drei Zeugen in der nach dem Gesetz erforderlichen Weise an der Errichtung des Testaments mitgewirkt hätten. Der Zeuge M. jedenfalls sei vor der Testamentserrichtung nicht darüber informiert worden, dass er als Testamentszeuge zugezogen werde. Es lasse sich deshalb nicht feststellen, dass er Absicht und Bewusstsein gehabt habe, an der Errichtung eines Testaments mitzuwirken. Allein das Zuhören mache einen Anwesenden nicht zum Testamentszeugen i.S.d. § 2250 BGB.
2. Mit ihren durch ihre Verfahrensbevollmächtigten eingelegten weiteren Beschwerden rügen die Beteiligten 5 und 6, die Entscheidung des LG beruhe auf der Verletzung prozessualen und materiellen Rechts. Sie erstreben die Wiederherstellung des Beschlusses des Notariats vom 19.7.2000 unter Zurückweisung der Beschwerde der Bet. 1) und 2).
a) Der Beschluss des LG könne keinen Bestand haben, weil die Beteiligten 1) und 2) kein Beschwerderecht nach § 20 FGG gehabt hätten; das LG hätte daher ihre Beschwerde als unzulässig verwerfen müssen. Zu Unrecht leiteten sie ein eigenes Erbrecht aus dem Ehe- und Erbvertrag der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemanns H.B. vom 13.3.1952 her. Dieser Vertrag i.V.m. dem Ehevertrag vom 19.5.1952 sei jedoch so abgefasst, dass der Sohn des Ehemanns der Erblasserin aus früherer Ehe, A.B. und seine Nachkommen keinen Erbanspruch auf das Vorbehaltsgut bzw. Eigenvermögen der Erblasserin haben sollten. Mit der Auszahlung des Pflichtteils und weiteren 7.000 DM aus dem Nachlass des H.B. an seinen Sohn A.B. sei der gesamte Nachlass der Erblasserin Vorbehaltsgut i.S.d. § 2c des Ehe- und Erbvertrags vom 13.3.52 geworden. Mit der Auszahlung des Pflichtteils an A.B. sei der Erbanspruch der Beteiligten 1) und 2) außerdem verwirkt. Eine fortwirkende Einsetzung des Ersatzerbens könne nur dann bejaht werden, wenn der Erblasser dies im Testament zum Ausdruck gebracht hätte. Das sei hier nicht der Fall.
Zudem habe die Erblasserin mit ihrem privatschriftlichen Testament von 1985 von ihrem Recht nach § 13 des Ehe- und Erbvertrags Gebrauch gemacht und die ursprünglich vorgesehene Ersatzerbfolge der Beteiligten 1) und 2) widerrufen. Der Widerruf liege darin, dass sie ihre Tochter mit diesem Testament zur einzigen und rechtmäßigen Erbin bestimmt habe. Dieser Wille komme auch im Erbvertrag der Erblasserin mit ihrer Tochter von 1968 zum Ausdruck.
b) Dem Hinweis des Beteiligten 6) auf die fehlende Erbberechtigung der Beteiligten 1) und 2) und seinen diesbezüglichen Beweisantritten sei das LG unter Verstoß gegen § 286 ZPO und Art. 103 Abs. 1 GG nicht gefolgt. Vielmehr habe es diesen Vortrag und die dazu gehörenden Beweisantritte weder zur Kenntnis genommen noch in Erwägung gezogen.
c) Der angefochtene Beschluss des LG sei unter Verletzung des Anspruchs der Beteiligten 5) und 6) auf den gesetzlichen Richter zustande gekommen. Der Beteiligte 6) habe die am Beschluss beteiligten Richter mehrfach wegen Befangenheit abgelehnt, nachdem sie seinen Beweisanträgen zum Beweis der fehlenden Erbberechtigung der Beteiligten 1) ...