Leitsatz (amtlich)

Das dem Urkundsnotar vom Erblasser in seiner notariell beurkundeten letztwilligen Verfügung eingeräumte Recht zur Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers stellt für den Urkundsnotar einen rechtlichen Vorteil i.S.d. § 7 Nr. 1 BeurkG dar, so dass die diesbezügliche Beurkundung der Willenserklärung des Erblassers unwirksam ist.

 

Normenkette

BGB § 2198 Abs 1 S 1; BeurkG § 7 Nr 1

 

Verfahrensgang

Notariat Aalen I - NachlG (Beschluss vom 09.02.2012; Aktenzeichen I NG 247/2010)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.10.2012; Aktenzeichen IV ZB 14/12)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Z. 2 wird der Beschluss des Notariats Aalen I - Nachlassgericht - vom 9.2.2012 - I NG 247/2010, abgeändert:

Der Antrag der Beteiligten Z. 4 vom 9.11.2011 auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 694.337,77 EUR

 

Gründe

I. Der Erblasser hat in § 9 des vor dem Beteiligten Z. 5 notariell beurkundeten Testaments vom 29.7.2005 Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker durch den beurkundenden Notar, ersatzweise durch das zuständige Nachlassgericht zu ernennen ist, sofern er nicht selbst noch einen Testamentsvollstrecker benannt hat.

Aufgrund dessen bestimmte der Urkundsnotar die Beteiligte Z. 4, die ehemalige Rechtsanwältin des Erblassers, als Testamentsvollstreckerin. Ihre Annahmeerklärung ging am 23.2.2011 beim Nachlassgericht ein, das mit Beschluss vom 1.3.2011 den Eingang bestätigte.

In Kenntnis des von der Beteiligten Z. 2 gestellten Antrags auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin beantragte diese mit notarieller Urkunde des Notariats Aalen I vom 9.11.2011 die Erteilung eines Zeugnisses über ihre Ernennung zum Testamentsvollstrecker.

Dem Antrag wurde mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 9.2.2012 entsprochen. Seine sofortige Wirksamkeit und die Erteilung des Zeugnisses wurden jedoch bis zur Rechtskraft der Entscheidung zurückgestellt, nachdem diese dem erklärten Willen der Beschwerdeführerin widerspricht.

Gegen den am 11./13.2.2012 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte Z. 2 am 1.3.2012 Beschwerde eingelegt, der der Notar nicht abgeholfen hat. Er hat die Akten mit Beschluss vom 22.3.2012 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt und zugleich darauf hingewiesen, dass über den Antrag auf Testamentsvollstrecker-entlassung erst nach dem Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerdesache entschieden werde.

Zur Sachverhaltsdarstellung im einzelnen wird verwiesen auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten, den angefochtenen Beschluss und den übrigen Akteninhalt.

II.1. Die befristete Beschwerde der Beteiligten Z. 2 ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Ihre Beschwerdeberechtigung ergibt sich aus § 59 Abs. 1 FamFG. Durch die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses für die Antragstellerin wird sie als Miterbin in ihrer Verfügungsbefugnis bezüglich des Nachlasses (§ 2211 Abs. 1 BGB) beschränkt. Der erforderliche Beschwerdewert (§ 61 Abs. 1 FamFG: über 600 EUR) ist gegeben und das Rechtsmittel wurde innerhalb der gesetzlichen Frist des § 63 Abs. 1 FamFG in der vorgeschriebenen Form (§ 64 Abs. 2 FamFG) beim Notariat (§ 64 Abs. 1 FamFG) eingelegt.

2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Einem Testamentsvollstrecker hat das Nachlassgericht auf Antrag ein Zeugnis über die Ernennung zu erteilen (§ 2368 BGB).

In diesem Rahmen entscheidet das Notariat nur mittelbar über die Wirksamkeit der Testamentsvollstreckerernennung (Mayer in Mayer/Bonefeld/Wälzholz/Weidlich/Vassel-Knauf, 3. Aufl. 2011, Testamentsvollstreckung, Anm. II. "Bestimmung durch einen Dritten", Rz. 11, m.w.N.).

Allein entscheidungserheblich ist insoweit die zwischen den Beteiligten bereits erstinstanzlich diskutierte Rechtsfrage, ob die vom Erblasser in dem notariellen Testament vom 29.7.2005 dem Urkundsnotar überlassene Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers gem. § 7 Nr. 1 BeurkG unwirksam ist mit der Folge der Teilnichtigkeit der diesbezüglichen Anordnung (§§ 2197 Abs. 1, 2198 Abs. 1 S. 1, 125 S. 1, 134 BGB).

Auf den weiteren Streit des Umfangs der notariell verfügten Testamentsvollstreckung kommt es entsprechend den nachfolgenden Ausführungen nicht an.

Bestimmungsberechtigter Dritter i.S.v. § 2198 Abs. 1 S. 1 BGB konnte nach früher maßgeblicher Meinung (OLG Neustadt DNotZ 1951, 339) auch der das Testament beurkundende Notar sein. Durch das später eingeführte Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969 ist es im Hinblick auf § 7 BeurkG zwischenzeitlich zu einer Ablehnung dieser Meinung gekommen. Dem Urkundsnotar darf in der Urkunde kein rechtlicher Vorteil eingeräumt werden. Der wirtschaftliche Vorteil spielt keine Rolle (Reimann Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 4. Aufl. 2010, 2. Kapitel Rz. 135; Mayer, a.a.O., E. "Beurkundungsrechtliche Fragen, insbesondere zur Testamentsvollstrec...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge