Leitsatz
1. Die personelle Verflechtung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn die personenidentischen Gesellschafter-Geschäftsführer der Besitz-GbR und der Betriebs-GmbH die laufenden Geschäfte der Besitz-GbR bestimmen können und der Nutzungsüberlassungsvertrag der Besitz-GbR mit der Betriebs-GmbH nicht gegen den Willen dieser Personengruppe geändert oder beendet werden kann.
2. Das Doppelvertretungsverbot des § 181 BGB steht der Annahme einer Beherrschungsidentität von Gesellschafter-Geschäftsführern aus Besitz-GbR und Betriebs-GmbH nicht entgegen, wenn die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen die Umgehung dieses Verbots durch Übertragung der Vertretung auf eine andere Person ermöglichen.
3. Die Klage gegen die Ablehnung der Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes ist zulässig, wenn der Kläger geltend macht, er unterhalte schon dem Grunde nach keinen Gewerbebetrieb.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG, § 2 Abs. 1 Satz 2, § 6, § 7, § 10a, § 35b Abs. 2 Satz 2, § 36 Abs. 10 Satz 1 GewStG, § 25 Abs. 1 Nr. 6 GewStDV, § 177, § 181, § 709 Abs. 1, § 710 Satz 1 BGB, § 125 Abs. 2 Satz 2, § 150 Abs. 2 HGB, § 78 Abs. 4, § 269 Abs. 4 AktG, § 35 GmbHG, § 40 Abs. 2, § 43 FGO, § 38, § 157 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Die klagende GbR vermietete einer GmbH Büro- und Lagergebäude. Drei Personen waren an beiden Gesellschaften beteiligt und auch deren Geschäftsführer, während an der GbR noch ein vierter Gesellschafter einen Anteil von 1 % hielt. Für die GbR war ausdrücklich das Einstimmigkeitsprinzip geregelt. Jeweils zwei Geschäftsführer konnten die GbR gemeinsam vertreten. Von der Möglichkeit, einem geschäftsführenden Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis zu erteilen und von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, war kein Gebrauch gemacht worden. Die GmbH konnte durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Prokuristen vertreten werden.
Das FA ging von einer Betriebsaufspaltung aus und erließ entsprechende Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide. Außerdem ergingen Bescheide über die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts bzw. in einem Folgejahr ein Bescheid darüber, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust nicht mehr bestehe.
Das FG gab der Klage gegen die streitigen Bescheide statt, weil es an einer Beherrschungsidentität zwischen GbR und GmbH im Hinblick darauf fehle, dass wegen § 181 BGB nicht beide Gesellschaften von derselben Gruppe an Geschäftsführern beherrscht werden könnten (FG Köln, Urteil vom 7.12.2016, 9 K 2034/14, Haufe-Index 10395990, EFG 2017, 593).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Sie sei zwar zulässig gewesen. Insbesondere habe die GbR sich auch gegen den Bescheid über die Feststellung eines nicht mehr vorhandenen Gewerbeverlusts mit der Begründung wenden können, es liege überhaupt kein Gewerbebetrieb vor.
Die Klage sei aber unbegründet, weil neben der unstreitigen sachlichen Verflechtung auch eine personelle Verflechtung vorgelegen habe. Für eine Beherrschungsidentität reiche es aus, wenn eine Personengruppe als Gesellschaftergeschäftsführer ihren Willen in beiden Gesellschaften durchsetzen könne, diese Gruppe alle Geschäfte der laufenden Verwaltung beherrsche und die Nutzungsüberlassungsverträge nicht gegen den Willen dieser Gruppe aufgelöst werden könnten. Aus dem Doppelvertretungsverbot nach § 181 BGB ergäben sich im Streitfall keine Einschränkungen, weil für die GmbH ein Prokurist hätte bestellt werden können, der allein bzw. zusammen mit einem Gesellschaftergeschäftsführer für die GmbH hätte handeln können, während die GbR von zwei anderen Gesellschaftergeschäftsführern hätte vertreten werden können.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft insbesondere zwei Fragen zur personellen Verflechtung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung, nämlich inwieweit die Beherrschung der Geschäfte des täglichen Lebens trotz Einstimmigkeitsprinzips eine Beherrschungsidentität sichern kann (dazu 2.) und welche Bedeutung dem Doppelvertretungsverbot nach § 181 BGB zukommt (dazu 3).
2. Personelle Verflechtung bedeutet, dass beide Unternehmen von einer Person oder Personengruppe in der Weise beherrscht werden, dass diese ihren geschäftlichen Betätigungswillen in beiden Unternehmen durchsetzen kann. Dies ist nicht nur bei Identität der Beteiligungen möglich, sondern es reicht eine sog. Beherrschungsidentität aus.
Deren Voraussetzungen sind nicht immer leicht zu überblicken. Gilt etwa für die Besitzpersonengesellschaft das Einstimmigkeitsprinzip, kann ein Nur-Besitz-Personengesellschafter Beschlüsse der Doppelgesellschafter in der Gesellschafterversammlung verhindern. Dies betrifft nicht der Geschäftsführung unterliegende Geschäfte, wenn dieser Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist.
Ob ein Rechtsgeschäft in Bezug auf die zur sachlichen Verflechtung führende Nutzungsüberlassung Bestandteil der der Geschäftsführung vorbehaltenen Geschäfte des täglichen Lebens ist, kann zweifelhaft sein. Selbst wenn...