Leitsatz
Bei der förmlichen Zustellung eines Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durch Postzustellungsurkunde müssen Zustellungsurkunde und Sendung einen Hinweis auf den Gegenstand der Feststellung enthalten.
Normenkette
§ 122 Abs. 5, § 179 AO, § 3 Abs. 1 Satz 2, § 8 VwZG
Sachverhalt
Das FA hatte Einkünfte aus einer GmbH & Co. KG einheitlich und gesondert festgestellt. Später fiel dem FA auf, dass eine Feststellung der verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG unterblieben war. Das FA holte diese Feststellung nach, indem es einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid erließ, in dem die Einkünfte in unveränderter Höhe, zusätzlich aber verrechenbare Verluste festgestellt wurden.
Der Bescheid wurde dem Gesellschafter K als Empfangsbevollmächtigtem mit PZU bekannt gegeben. Als Betreff waren auf der PZU im Feld 1.1 die Steuernummer der KG und im Feld 1.2 "geänderter Feststellungsbescheid für 1993 + 1994" vermerkt. Die Postsendung wurde durch Niederlegung am 30.12. zugestellt und am 5.1. von der Ehefrau des K abgeholt.
Im März wurde in Verbindung mit einem Wiedereinsetzungsantrag Einspruch gegen den Bescheid eingelegt. Weder der Bescheid noch die Benachrichtigung über die Niederlegung seien der KG zugegangen.
Das FA verwarf den Einspruch wegen Verspätung als unzulässig. Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab.
Entscheidung
Die Revision der KG hatte Erfolg. Die Bekanntgabe durch Niederlegung sei nicht wirksam gewesen. Das VwZG verlange eine Kennzeichnung der PZU und der Sendung mit einer einwandfrei zu identifizierenden Geschäftsnummer. Die hier gemachten Angaben reichten nicht aus, weil der Begriff "Feststellungsbescheid" angesichts der zahlreichen denkbaren Feststellungen zur Beschreibung nicht ausreiche. Der damit eingetretene Bekanntgabemangel sei durch den Erhalt von Kopien am 3.3. geheilt worden. Die damit in Gang gesetzte Einspruchsfrist sei bei Eingang des Einspruchs noch nicht abgelaufen gewesen. Zur Prüfung der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheids verwies der BFH das Verfahren an das FG zurück.
Hinweis
1. Die Zustellung durch Postzustellungsurkunde (PZU) ist an einige Voraussetzungen geknüpft, die von der Behörde und dem Postunternehmen genau beachtet werden müssen. Andernfalls ist die Zustellung unwirksam. Der Mangel kann allerdings nach § 8 (früher § 9) VwZG geheilt werden, wenn feststeht, dass der Bescheid dem Adressaten tatsächlich zugegangen ist.
2. Wenn alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Behörde den Zugang des Schriftstücks am Zustellungstag beweisen. Dies ist der Tag der beurkundeten Übergabe oder der Tag der Niederlegung als Ersatzzustellung. Der Beweis wird durch Vorlage der ausgefüllten PZU geführt, in der der Zusteller bescheinigt, eine Sendung mit dem auf der PZU angegebenen Geschäftszeichen überreicht zu haben. Ob die Sendung allerdings das mit dem Geschäftszeichen gekennzeichnete Schriftstück wirklich enthielt, kann der Urkunde nicht entnommen werden. Dass die Urkunde trotzdem Beweiskraft in Bezug auf das Schriftstück entfaltet, kann nur dadurch gerechtfertigt werden, dass das Schriftstück mit der Geschäftsnummer eindeutig und verwechslungssicher bezeichnet wird.
3. Zu den Anforderungen an die Qualität der Kennzeichnung durch die Geschäftsnummer gibt es zahlreiche Entscheidungen des BFH. Diese verlangen z.B. bei einem Steuerbescheid, dass die Steuerart und der Besteuerungszeitraum angegeben werden. Das Besprechungsurteil dehnt diese Rechtsprechung erstmals auch auf Feststellungsbescheide aus. Die jeweilige Art der Feststellung und der Feststellungszeitraum müssen angegeben werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.10.2005, IV R 44/03