Auch wenn sich solche Anträge in der Praxis als wenig erfolgreich erweisen, sollten Steuerpflichtige unter Verweis auf Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip) i.V.m. dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und nur behelfsweise nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, § 2a Abs. 1 S. 1 AO [s. nachfolgend unter Abschnitt 3]) gegenüber dem FA Akteneinsicht beantragen. In der Mehrzahl der Fälle stellen die Finanzgerichte fest, dass die behördliche Erteilung einer Auskunft nicht gleichbedeutend mit Akteneinsicht sei, so dass aus dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht zwangsläufig auch ein Anspruch auf Akteneinsicht folge (FG BW v. 26.7.2021 – 10 K 3159/20, rkr., EFG 2021, 1777, Rz. 46 u. 49 ff.; FG Berlin-Bdb. v. 27.10.2021 – 16 K 5148/20, EFG 2022, 586, Rz. 36; FG München v. 4.11.2021 – 15 K 118/20, EFG 2022, 299, Rz. 69 u. 96, Rev. II R 43/21; FG Münster v. 24.2.2022 – 6 K 3515/20, EFG 2022, 820, Rz. 55, Rev. II R 9/22; Gehm, AO-StB 2022, 150).

Das FG Niedersachsen hat hingegen mit Urteil vom 18.3.2022 (FG Nds. v. 18.3.2022 – 7 K 11127/18, EFG 2022, 816, Rev. II R 12/22) zuletzt mit überzeugenden Argumenten bei einem Antrag auf Akteneinsicht nach Art. 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 GG eine Ermessensreduzierung auf null angenommen (a.a.O. Rz. 54). Wenn die Finanzbehörde den Antrag unter Verweis auf den mit der Akteneinsicht verbundenen unzumutbaren Verwaltungsaufwand begründen wolle, müsse dieser Aufwand mit demjenigen verglichen werden, den ein Rechtsbehelfsverfahren verursacht, das der Antragsteller erwartungsgemäß gegen die Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht führen würde (a.a.O. Rz. 48). Außerdem wird vom Gericht darauf hingewiesen, dass zu schützende Informationen Dritter "leicht" ausgeheftet werden könnten (a.a.O. Rz. 53). Mit dieser Rechtsprechung dürfte ohne eine substantiierte Einzelfallwürdigung der Antrag auf Akteneinsicht nicht mehr allein unter Verweis auf einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand abzulehnen sein.

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