Leitsatz
Die Steuerermäßigung des § 34f Abs. 3 EStG (Baukindergeld) ist vor der Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse des § 35a EStG zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen (zusammen veranlagte Eheleute) machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 Aufwendungen für ein haushaltsnahes Beschäftigungsverhältnis i. H. von 3.255 EUR geltend. Sie beantragten außerdem, für ihre beiden Kinder die Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 3 EStG i. H. von je 512 EUR zu gewähren. Dabei begehrten sie, bei der Berechnung der Einkommensteuer zunächst die Ermäßigung nach § 35a EStG und erst dann diejenige nach § 34f Abs. 3 EStG anzuwenden.
Dem folgte das Finanzamt nicht. Es zog in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zunächst von der mit 676 Euro ermittelten tariflichen Einkommensteuer 676 EUR als Kinderermäßigung nach § 34f EStG ab. Ein Abzug der Steuerermäßigung nach § 35a EStG erfolgte sodann nicht mehr.
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte Erfolg. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidung
Zu Recht hat das Finanzamt von der tariflichen Einkommensteuer zunächst den Steuerermäßigungsbetrag nach § 34f Abs. 3 EStG abgezogen, bevor es den Steuerermäßigungsbetrag nach § 35a EStG berücksichtigte. Bei den genannten Vorschriften handelt es sich um zwei spezielle Steuervergünstigungen, die prinzipiell nebeneinander stehen und kumulativ angewendet werden können. In Bezug auf den Rang ihrer Berücksichtigung ist der Wortlaut der beiden Vorschriften identisch: Beide Vorschriften beanspruchen, als letzte Steuervergünstigung abgezogen zu werden.
Bei der hier vorliegenden Normenkonkurrenz kann allerdings nur eine der beiden Steuerermäßigungen als letzte in Ansatz gebracht werden. Wird - wie hier mit § 35a EStG - eine neue Vorschrift erlassen, deren gleichstufige Anwendung mit der älteren (hier: § 34f Abs. 3 EStG) logisch unmöglich ist, bringt der Gesetzgeber damit grundsätzlich zum Ausdruck, dass die spätere Regelung gelten soll. Folglich entscheidet hier das zeitlich spätere Gesetz, dass die neu eingeführte Steuervergünstigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse erst gewährt wird, nachdem alle anderen Steuervergünstigungen berücksichtigt worden sind.
Hinweis
Im vorliegenden Fall wäre die von den steuerpflichtigen Eheleuten begehrte vorrangige Berücksichtigung des § 35a EStG günstiger gewesen, als der vom FA praktizierte und vom BFH bestätigte vorrangige Abzug der Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 3 EStG. Denn die letztgenannte Steuervergünstigung sieht für den hier gegebenen Fall, dass die festgesetzte Einkommensteuer geringer ist als die grundsätzlich zu gewährende Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 3 EStG eine interperiodische Verlagerung des nicht ausnutzbaren Betrags im Wege des Rück- und Vortrages auf frühere und/oder spätere Veranlagungszeiträume vor (vgl. § 34f Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG 2003).
M.E. rechtsmethodisch zutreffend hat der BFH die hier auftretende Normenkollision nach der allgemeinen Regel, wonach das später erlassene Gesetz dem früheren vorgeht ("lex posterior derogat legi priori"), gelöst und gelangte mithin zutreffend zum Vorrang des § 34f Abs. 3 EStG als der hier gegenüber § 35a EStG älteren Norm.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.01.2008, X R 1/07