Sofern die Steuergesetze Steueranmeldungen (§ 150 Abs. 1 S. 3 AO) vorschreiben, wird die betreffende Steuer nur dann durch einen Steuerbescheid (§ 155 Abs. 1 AO) festgesetzt, wenn die Steuerfestsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder die gesetzlich vorgeschriebene Steueranmeldung nicht abgegeben wird (§ 167 Abs. 1 S. 1 AO).
Beispiele: Umsatzsteuervoranmeldung (§ 18 Abs. 1 S. 1 UStG) und Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 18 Abs. 3 S. 1 UStG); Lohnsteueranmeldung (§ 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG); Verbrauchsteueranmeldungen (z.B. § 19 Abs. 1 S. 1 AlkStG; § 15 Abs. 1 S. 1 SchaumwZwStG; § 8 Abs. 1 StromStG).
Wenn sich – was in der überwiegenden Zahl der Fälle gelten dürfte – keine abweichende Steuer ergibt, bleibt es bei der Steueranmeldung, die dann als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gilt (§ 168 S. 1 AO).
Beachten Sie: Da die Steueranmeldung gem. § 168 S. 1 AO einen Steuerbescheid, also eine hoheitliche Maßnahme, fingiert, kann sie nicht einseitig durch den Steuerpflichtigen geändert werden. Vielmehr stellt sich eine geänderte oder berichtigte (korrigierte) Steueranmeldung in rechtlicher Hinsicht als Änderungsantrag i.S.v. § 164 Abs. 2 S. 2 AO dar.
Die Fiktion des § 168 S. 1 AO hat weitreichende Konsequenzen: Sie stellt die Steueranmeldung in allen verfahrensrechtlichen Belangen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Daher wird eine Steueranmeldung z.B. mangels fristgerechter Anfechtung unanfechtbar, auch wenn sie nach § 168 S. 1 AO i.V.m. § 164 Abs. 2 AO noch änderbar ist (vgl. BFH v. 11.12.1997 – V R 50/94, BStBl. II 1998, 420).
Beraterhinweis Die Regelung in § 168 S. 1 AO bewirkt auch eine Gleichstellung in Bezug auf die Anfechtbarkeit. Es ist deshalb – ungeachtet eines jederzeit möglichen Antrags nach § 168 S. 1 AO i.V.m. § 164 Abs. 2 S. 2 AO – zulässig, eine Steueranmeldung mit einem Einspruch (§ 347 Abs. 1 S. 1 AO) und ggf. einer Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 Alt. 1 FGO) anzufechten (vgl. z.B. Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 168 AO Rz. 20). Dies kann etwa dann geboten sein, wenn die Finanzbehörde und der Steuerpflichtige unterschiedliche Auffassungen bzgl. der Pflicht zur Abgabe einer Steueranmeldung haben: Der Steuerpflichtige kann der angeblichen Anmeldungspflicht nachkommen und die Frage im nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren – u.U. im Rahmen eines AdV-Verfahrens – klären lassen.