Die Ausgabe von Anteilen und deren Verbreitung über die Börse ist für Kapitalgesellschaften ein gängiges Mittel zur Kapitalbeschaffung. Beim Handel mit solchen Anteilen über eine Börse oder einen anderen Handelsplatz stehen grundsätzlich andere Gründe als die Einsparung von Grunderwerbsteuer im Vordergrund. Das Interesse des Erwerbers der Anteile betrifft vorrangig die Ertragskraft der Kapitalgesellschaft und grundsätzlich nicht die im Vermögen der Kapitalgesellschaft enthaltenen Grundstücke. Jedoch führt ein solcher Handel mit Anteilen über eine Börse oder einen anderen Handelsplatz zu Wechseln der Anteilseigner und wäre im Rahmen des § 1 Abs. 2b GrEStG zu berücksichtigen. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 2b GrEStG würde dies zu einer Besteuerung führen, obwohl regelmäßig keine missbräuchliche Gestaltung vorliegt.

Diese Problematik stellt sich auch bei der Vorschrift des § 1 Abs. 2a GrEStG, wenn eine Kapitalgesellschaft an einer grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.

Zur Vermeidung einer übermäßigen Besteuerung hat der Gesetzgeber – dem Sinn und Zweck der Vorschriften entsprechend – eine Ausnahmeregelung für solche Anteilsübergänge vorgesehen, die auf Grund eines Geschäfts über die Börse, einen äquivalenten Dritthandelsplatz oder ein sonstiges der Verordnung (EU) Nummer 600/2014 (MiFIR) unterfallendes multilaterales Handelssystem (MTF) erfolgen. In § 1 Abs. 2c GrEStG wurde daher in Ergänzung zu § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG eine Ausnahmeregelung eingefügt, die die Wirkung der Ergänzungstatbestände begrenzt. Bei der Ermittlung des %-Satzes i. S. v. § 1 Abs. 2a Satz 1 und Abs. 2b Satz 1 GrEStG bleiben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach Maßgabe des § 1 Abs. 2c Satz 1 GrEStG daher außer Betracht.[2]

[1] Vgl. § 1 Abs. 2c GrEStG.

Vgl. die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 4.11.2022, BStBl 2022 I S. 1451.

[2] Vgl. BT-Drs. 19/28528 v. 15.4.2021 S. 28.

Schnitter in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 118. Lfg. , April 2022, § 1 GrEStG, Rz. 290.22 ff.

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