Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
1. Überlässt ein Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen zu einem deutlich unter dem Marktzins liegenden Zinssatz und damit teilentgeltlich, dann sind die von ihm wegen der Refinanzierung dieses Darlehens gezahlten Schuldzinsen zu dem Bruchteil nicht bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Werbungskosten abziehbar, zu dem das Darlehen unentgeltlich gewährt worden ist.
2. Gewährt der Gesellschafter einer Familien-GmbH dieser ein teilentgeltliches Darlehen, dann können die auf den unentgeltlichen Teil entfallenden Refinanzierungskosten nur dann ungekürzt bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn das Darlehen einem Fremdvergleich standhält und auch ein den übrigen Gesellschaftern fern stehender Gesellschafter das Darlehen teilentgeltlich gewährt hätte. Anderenfalls können die Aufwendungen nur zu dem der Beteiligungsquote des Gesellschafters entsprechenden Bruchteil als Werbungskosten abgezogen werden.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr 1995 mit 662/3 v.H. an der X-GmbH beteiligt; die restlichen Anteile hielten seine Ehefrau und seine beiden Söhne. Der Kläger hatte mehrere Existenzgründer-Darlehen aufgenommen. Die Darlehensvaluten stellte er mit einem einheitlichen Darlehensvertrag der X-GmbH zur Verfügung. Die GmbH hatte hierfür an den Kläger Zinsen i.H. von 3 % über dem Bundesbank-Diskontsatz zu entrichten.
In seiner Einkommensteuererklärung 1995 machte der Kläger den Überschuss der gezahlten Refinanzierungskosten über die von der GmbH vereinnahmten Zinsen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG geltend. Finanzamt und Finanzgericht (vgl. EFG 1999, 946) versagten den Abzug.
Entscheidung
Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Die Refinanzierungskosten des Klägers für das Gesellschafterdarlehen könnten nur dann ungekürzt als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG abgezogen werden, wenn das Gesellschafterdarlehen in vollem Umfang entgeltlich an die GmbH überlassen worden sei.
Das wäre dann nicht der Fall, wenn der zwischen dem Kläger und der GmbH vereinbarte Zinssatz deutlich unter dem Marktzins (= drittüblichen Zins) gelegen haben sollte. In diesem Fall seien die Refinanzierungsaufwendungen zu dem Bruchteil nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar, zu dem das Darlehen unentgeltlich überlassen worden sei.
Hinsichtlich des entgeltlichen Teils seien die Refinanzierungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar, wenn insoweit eine Überschusserzielungsabsicht des Klägers bestanden habe. Hinsichtlich der auf den unentgeltlichen Darlehensteil (quotal) entfallenden Refinanzierungskosten sei ein Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus seiner GmbH-Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu prüfen. Dabei könnten die Refinanzierungskosten aber dann nicht zu einem über die Beteiligungsquote des Klägers (66 2/3 %) hinausgehenden Bruchteil als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn das Abzugsverbot des § 12 Nrn. 1 und 2 EStG eingreife. Dieses Abzugsverbot greife nicht ein, wenn das Darlehen einem Fremdvergleich standhalte und auch von einem Gesellschafter, der den übrigen GmbH-Gesellschaftern nicht nahe stehe, zu den gleichen Konditionen bewilligt worden wäre.
Hinweis
1. Das Urteil enthält zunächst die wichtige Erkenntnis, dass bei teil(un)entgeltlichen Leistungen des Anteilseigners an seine Kapitalgesellschaft die einheitliche Leistung in einen (voll) entgeltlichen und in einen (voll) unentgeltlichen Teil aufzuspalten ist.
2. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils erzielt der Gesellschafter ggf. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (z.B. bei der hier vorliegenden Darlehensgewährung), Vermietung und Verpachtung (z.B. bei teilentgeltlicher Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an die Gesellschaft) oder aus Gewerbebetrieb (z.B. bei Nutzungsüberlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung). Die auf den entgeltlichen Teil der Nutzungsüberlassung entfallenden Erwerbsaufwendungen stellen dann in Höhe der entsprechenden Quote Werbungskosten oder Betriebsausgaben des leistenden Gesellschafters dar.
3. In Bezug auf den unentgeltlichen Teil der Leistung kommen Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Betracht. Grund: Die von der Kapitalgesellschaft durch die (teil-) unentgeltliche Nutzungsüberlassung ersparten Aufwendungen (Betriebsausgaben) erhöhen deren Gewinn, der bei seiner Ausschüttung zu Einkünften des Gesellschafters i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt. Soweit aber neben dem leistenden Gesellschafter weitere Gesellschafter vorhanden sind, kann, insbesondere wenn die Mitgesellschafter – wie im vorliegenden Streitfall – nahe Angehörige sind, eine Kappung des Werbungskosten- oder Betriebsausgaben-Abzugs in Betracht kommen, soweit die Aufw...