Als regelmäßige Arbeitsstätte ist nicht nur ein fester Ort zu verstehen, es kann sich hierbei auch um ein weiträumiges Arbeitsgebiet handeln. Hierunter fallen bisher

  • ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers, beispielsweise ein größeres Werksgelände, das Flughafenareal[1], der Universitätscampus sowie der Bereich eines Klinikums oder
  • Einsatzstellen, die aneinander grenzen und in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, falls das Gelände nicht dem Arbeitgeber zugerechnet werden kann. Beispiele hierfür sind ein Neubaugebiet, der Kehrbezirk eines Schornsteinfegers[2] oder der Zustellbezirk eines Zeitungsausträgers.[3]

Keine weiträumige Arbeitsstätte

Ein sog. weiträumiges Arbeitsgebiet liegt aber nicht schon deshalb vor, weil der Arbeitnehmer ständig in einem Gemeindegebiet, im Bereich einer Großstadt oder in einem durch eine Kilometergrenze bestimmten Arbeitsgebiet an verschiedenen Stellen tätig wird.[4] Keine weiträumige Arbeitsstätte begründet z. B.

  • das Großstadtrevier einer Politesse[5] oder
  • der Stadtbezirk eines städtischen Bauhofmitarbeiters sowie
  • der Kehrbezirk eines Schornsteinfegers, der sich über mehrere Gemeinden verteilt.[6]

Kein weiträumiges Arbeitsgebiet und damit keine gleichbleibende (regelmäßige) Arbeitsstätte ist aufgrund seiner Größe der Hamburger Hafen.[7]

Der Fortbestand des Rechtsinstituts des weiträumigen Arbeitsgebiets als Sonderfall der regelmäßigen Arbeitsstätte dürfte keinen rechtlichen Zweifeln begegnen. Fraglich ist allerdings, ob dies in seiner Gesamtheit gilt. Die neue Begriffsbestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte gibt berechtigten Anlass zu der Frage, ob dies weiterhin für die zuletzt genannte der beiden Fallgruppen gilt, wenn sich die Tätigkeitsorte des Arbeitnehmers innerhalb eines weiträumiges Gebiets nicht auf dem Gelände des Arbeitgebers befinden, aber aneinandergrenzen und in unmittelbarer Nähe zueinander liegen.

Ähnlich wie bei ortsfesten Tätigkeiten außerhalb des Arbeitgebers nur solche arbeitgeberfremde Einrichtungen als regelmäßige Arbeitsstätte infrage kommen, die wenigstens faktisch dem Arbeitgeber zugerechnet werden können[8], muss dies konsequenterweise auch für das weiträumige Arbeitsgebiet verlangt werden. Der BFH hat diese Auslegung in einer aktuellen Entscheidung bestätigt.[9] Danach kann auch ein Waldgebiet eine (weiträumige) regelmäßige Arbeitsstätte sein. Voraussetzung ist aber, dass sich in diesem (Wald-)Gebiet eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers befindet, die einem Betriebssitz oder einer sonstigen betrieblichen Arbeitgebereinrichtung vergleichbar ist.

 
Praxis-Beispiel

Weiträumiges Arbeitsgebiet bei Kaminfeger

Ein Arbeitnehmer ist seit 1.1.2013 als Kaminfeger bei einem Bezirksschornsteinfegermeister beschäftigt. Sein Kehrbezirk umfasst 2 nebeneinander liegende Stadtteile einer Großstadt.

Ergebnis: Ein Kehrbezirk stellt ein weiträumiges Arbeitsgebiet dar, wenn die Einsatzstellen aneinander angrenzen und in unmittelbarer Nähe zueinander liegen. Außerdem muss in diesem großräumigen Arbeitsgebiet eine ortsfeste Einrichtung liegen, die nach den infrastrukturellen Gegebenheiten einem Betriebssitz gleichkommt. Die Tätigkeit im Beispielsfall beschränkt sich zwar auf die Einsatzorte in einem solchen Bereich. Der Arbeitnehmer hat aber keine ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers in diesem Kehrbezirk, die er aufsuchen kann. Der Kehrbezirk erfüllt somit nicht die Voraussetzungen einer weiträumigen regelmäßigen Arbeitsstelle. Die arbeitstäglichen Fahrten in den Kehrbezirk sind deshalb Fahrten im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit, für die er im Rahmen seiner Einkommensteuer-Erklärung Reisekosten (0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer) ansetzen kann. Auch die Fahrten innerhalb des Kehrbezirks sind den Reisekosten zuzurechnen. Wegen der geänderten Rechtsauslegung durch den BFH zum Begriff des weiträumigen Arbeitsgebiets ist im Einzelfall von der Möglichkeit der lohnsteuerlichen Anrufungsauskunft Gebrauch zu machen.

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