Leitsatz
Rentenversicherungsbeiträge, die in 2005 gezahlt wurden, sind keine vorweggenommene Werbungskosten, die in vollem Umfang von der Steuer abgezogen werden können.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1, 10 Abs. 3 Satz 5, 22 Nr. 1 EStG 2002
Sachverhalt
Im entschiedenen Fall war streitig, ob die im Jahr 2005 aufgewendeten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der nach dem Alterseinkünftegesetz zu erwartenden Vollversteuerung der Renteneinnahmen in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten oder als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind.
Das beklagte FA berücksichtigte im ESt-Bescheid nach der gesetzlichen Regelung des § 10 EStG nur einen Teil der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben.
Der Kläger beantragte, den Bescheid insoweit zu ändern, als die entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, vermindert um die bereits bei den Sonderausgaben berücksichtigten Beträge, als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften anzusetzen, alternativ den vollen Ansatz der geltend gemachten Sonderausgaben zuzulassen.
Entscheidung
Das FG schloss sich nicht der Auffassung der Kläger an, dass die Altersvorsorgeaufwendungen unbeschränkt abziehbar sein müssten, weil sie zukünftig zu steuerpflichtigen Alterseinkünften führten.
Ein Werbungskostenabzug kommt nach Ansicht der Richter nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber die Aufwendungen zwingend dem beschränkten Sonderausgabenabzug zugewiesen hat. Der Senat schloss sich insoweit den Ausführungen des BFH (a.a.o.) an.
Mit der ab 01.01.2005 geltenden gesetzlichen Neuregelung ist der Gesetzgeber folglich den Vorgaben des BVerfG zur Neuordnung der Alterseinkünfte gefolgt.
Hinweis
1. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 06.03.2002 die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen einerseits und von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits teilweise für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, die Rechtslage ab 2005 verfassungsgemäß zu gestalten. Diese Entscheidung hat der Gesetzgeber für einen Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung genutzt. Die dadurch im Klagefall bedingte nur teilweise Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben begegnet nach der Besprechungsentscheidung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Im Rahmen der summarischen Prüfung in einem Aussetzungsverfahren (BFH vom 01.02.2006, X B 166/05, BFH-PR 2006, 152) konnte der BFH jedoch ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken feststellen.
3. ESt-Bescheide ab 2005 ergehen hinsichtlich der vorliegenden Problematik noch nicht vorläufig. Der Vorläufigkeitsvermerk Nr. 3 des BMF-Schreibens vom 08.10.2007, IV A 4 – S 0338/07/0003 wird nur ESt-Bescheiden bis einschließlich 2004 beigefügt. Bis zu einer entsprechenden Erweiterung des Vorläufigkeitskatalogs verbleibt nur der Weg über den Einspruch. Dieser kann gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.08.2007, 15 K 30254/06 – Rev. X R 34/07