Die obersten Finanzbehörden der Länder haben ihre Auffassung zur "wesentlichen Verlängerung" der Restnutzungsdauer in Rz. 21 der gleich lautenden Erlasse v. 20.3.2023 – S 3015, BStBl. I 2023, 738 (AEBew JStG 2022) dargelegt. Sie nehmen eine wesentliche Verlängerung der Restnutzungsdauer nur an, wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem nachfolgenden Punktesystem eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben:
Modernisierungselemente |
Punkte |
Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung |
4 |
Modernisierung der Fenster und Außentüren |
2 |
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) |
2 |
Modernisierung der Heizungsanlage |
2 |
Wärmedämmung der Außenwände |
4 |
Modernisierung von Bädern |
2 |
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken, Fußböden, Treppen |
2 |
Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung |
2 |
|
|
14 bis 16 Punkte |
überwiegend modernisiert |
≥ 18 Punkte |
umfassend modernisiert |
Hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten sei auf die überwiegende Erneuerung bzw. Verbesserung der jeweiligen einzelnen Modernisierungselemente abzustellen. Die Punkte der vorstehenden Tabelle seien für das jeweilige Modernisierungselement nur insgesamt oder gar nicht anzusetzen. Zur Bestimmung der "neuen" Restnutzungsdauer gibt es sechs Tabellen, von denen nachfolgend exemplarisch die Tabelle "Übliche Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren" (vollständig) abgebildet ist:
Übliche Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren |
Gebäudealter (Jahre) |
Modernisierungsgrad |
14 bis 16 Punkte |
≥ 18 Punkte |
neue Restnutzungsdauer (Jahre) |
≥ 10 |
70 |
71 |
≥ 15 |
66 |
69 |
≥ 20 |
63 |
68 |
≥ 25 |
60 |
66 |
≥ 30 |
58 |
64 |
≥ 35 |
56 |
63 |
≥ 40 |
53 |
62 |
≥ 45 |
52 |
61 |
≥ 50 |
50 |
60 |
≥ 55 |
48 |
59 |
≥ 60 |
47 |
58 |
≥ 65 |
46 |
57 |
≥ 70 |
45 |
57 |
≥ 75 |
44 |
56 |
≥ 80 |
44 |
56 |
Eine Interpolation zwischen den Tabellenwerten sei nicht vorzunehmen. Zudem seien die Tabellen für Wohngebäude und analog für Nichtwohngebäude anzuwenden.
Rz. 21 der AEBew JStG 2022 gilt für das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren (Rz. 54 AEBew JStG 2022).
Beispiel – Mehrfamilienhaus (Fortsetzung)
Für das 1970 erbaute und 2009 modernisierte Mehrfamilienhaus ergibt sich nach Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder zum Bewertungsstichtag 1.1.2024 keine wesentlich verlängerte Restnutzungsdauer, da die Modernisierungsmaßnahmen mehr als zehn Jahre zurückliegen. Auch wenn die Modernisierungsmaßnahmen nicht zehn Jahre zurückliegen würden, nähmen die Finanzbehörden keine wesentliche Verlängerung an, da nicht mindestens 14 Modernisierungspunkte erreicht werden.
Der Grundbesitzwert des Mietwohngrundstücks stellt sich bei einem unterstellten Bodenwert von 200.000 EUR, Liegenschaftszinssatz von 3,0 % und Gebäudereinertrag von 33.000 EUR in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer nach Rz. 21 AEBew JStG 2022 und Anlage 2 ImmoWertV wie folgt dar:
Restnutzungsdauer |
Vervielfältiger |
Grundbesitzwert |
26 Jahre |
17,88 |
790.040 EUR |
43 Jahre |
23,98 |
991.340 EUR |
Beraterhinweis Den unbestimmten Rechtsbegriff der "wesentlichen Verlängerung" gibt es auch bei der Grundsteuerwertermittlung (§ 253 Abs. 2 Satz 4 und § 259 Abs. 4 Satz 3 BewG). Dort wird der Begriff von den obersten Finanzbehörden anders ausgelegt. Für Zwecke der Grundsteuerwertermittlung soll von einer "wesentlichen Verlängerung" nur bei einer Kernsanierung auszugehen sein (A 253.1 Abs. 3 Satz 2 und A 259.5 Abs. 4 Satz 2 AEBewGrSt).