Die Gutachterausschüsse ermitteln die für die Wertermittlung erforderlichen Daten, z.B. Liegenschaftszinssätze und Sachwertfaktoren, nach den Vorschriften der ImmoWertV (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ImmoWertV).
§ 12 Abs. 5 Satz 1 ImmoWertV macht den Gutachterausschüssen i.V.m. Anlage 1 ImmoWertV verbindliche Vorgaben zur Festlegung der Gesamtnutzungsdauer (s.u. a)) und i.V.m. Anlage 2 ImmoWertV zur Ermittlung der Restnutzungsdauer im Falle der Modernisierung (s.u. b)). Den Gutachterausschüssen werden insoweit keine Spielräume gelassen (BR-Drucks. 407/21, 98).
Da § 4 ImmoWertV die Begriffe Alter, Gesamtnutzungsdauer und Restnutzungsdauer bereits bestimmt, enthält die ImmoWertV beim Ertragswertverfahren (§§ 27 bis 34 ImmoWertV) und Sachwertverfahren (§§ 35 bis 39) keine weiteren Ausführungen zu diesen Begriffen.
a) Festlegung der Gesamtnutzungsdauer
Die Gutachterausschüsse müssen bei der Datenermittlung, die in Anlage 1 der ImmoWertV festgelegten Gesamtnutzungsdauern zugrunde legen (§ 12 Abs. 5 Satz 1 ImmoWertV):
Art der baulichen Anlage |
Gesamtnutzungsdauer |
freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser |
80 Jahre |
Mehrfamilienhäuser |
80 Jahre |
Wohnhäuser mit Mischnutzung |
80 Jahre |
Geschäftshäuser |
60 Jahre |
Bürogebäude, Banken |
60 Jahre |
Gemeindezentren, Saalbauten, Veranstaltungsgebäude |
40 Jahre |
Kindergärten, Schulen |
50 Jahre |
Wohnheime, Alten- und Pflegeheime |
50 Jahre |
Krankenhäuser, Tageskliniken |
40 Jahre |
Beherbergungsstätten, Verpflegungseinrichtungen |
40 Jahre |
Sporthallen, Freizeitbäder, Heilbäder |
40 Jahre |
Verbrauchermärkte, Autohäuser |
30 Jahre |
Kauf- und Warenhäuser |
50 Jahre |
Einzelgaragen |
60 Jahre |
Tief- und Hochgaragen als Einzelbauwerk |
40 Jahre |
Betriebs- und Werkstätten, Produktionsgebäude |
40 Jahre |
Lager- und Versandgebäude |
40 Jahre |
Landwirtschaftliche Betriebsgebäude |
30 Jahre |
Es handelt sich um Modellansätze, die nicht auf empirischen Daten basieren (ImmoWertA v. 20.9.2023 zu Anlage 1).
Die Gesamtnutzungsdauern nicht in Anlage 1 ImmoWertV aufgeführter Gebäudearten sind aus Gesamtnutzungsdauern vergleichbarer baulicher Anlagen abzuleiten.
b) Ermittlung der Restnutzungsdauer
Bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer nach der Modernisierung von Wohngebäuden müssen die Gutachterausschüsse das Modell der Anlage 2 ImmoWertV anwenden (§ 12 Abs. 5 Satz 1 ImmoWertV). Die Restnutzungsdauer hängt von einer sog. Modernisierungspunktzahl ab. Zuerst (s. aa)) ermitteln sie die Modernisierungspunktzahl, dann (s.u. bb)) bestimmen sie anhand dieser Punktzahl die Restnutzungsdauer.
Das Modell kann bei der Modernisierung anderer Gebäudearten, insb. bei Verwaltungs-, Büro- und Geschäftsgebäuden, entsprechend Anwendung finden (ImmoWertA v. 20.9.2023 zu Anlage 2 II. 1.; BR-Drucks. 407/21, 129).
aa) Ermittlung der Modernisierungspunktzahl
Die Modernisierungspunktzahl ist durch Punktevergabe für einzelne Modernisierungselemente oder durch sachverständige Einschätzung des Modernisierungsgrades zu ermitteln.
Punktevergabe für einzelne Modernisierungselemente: Unter Berücksichtigung der zum Stichtag oder der kurz vor dem Stichtag durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen sind entsprechende Modernisierungspunkte nach der folgenden Tabelle zu vergeben (Anlage 2 I. 1. ImmoWertV):
Modernisierungselemente |
Maximal zu vergebende Punkte |
Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung |
4 |
Modernisierung der Fenster und Außentüren |
2 |
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) |
2 |
Modernisierung der Heizungsanlage |
2 |
Wärmedämmung der Außenwände |
4 |
Modernisierung von Bädern |
2 |
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken, Fußböden, Treppen |
2 |
Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung |
2 |
Für Modernisierungsmaßnahmen, die schon weiter zurückliegen, ist zu prüfen, ob ggf. weniger als die maximal zu vergebenden Punkte anzusetzen sind. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat in der ImmoWertA die folgende Tabelle zur Orientierung für die Gutachterausschüsse veröffentlicht (ImmoWertA v. 20.9.2023 zu Anlage 2 II.3.):
Modernisierungselemente |
Maximal zu vergebende Punkte bis ca. |
5 Jahre |
10 Jahre |
15 Jahre |
20 Jahre |
zurück |
Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung |
4 |
3 |
2 |
1 |
Modernisierung der Fenster und Außentüren |
2 |
2 |
1 |
0 |
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) |
2 |
2 |
2 |
1 |
Modernisierung der Heizungsanlage |
2 |
2 |
1 |
0 |
Wärmedämmung der Außenwände |
4 |
3 |
2 |
1 |
Modernisierung von Bädern |
2 |
1 |
0 |
0 |
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken, Fußböden, Treppen |
2 |
2 |
2 |
1 |
Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung* |
1 bis 2 |
*Grundsätzlich zeitunabhängig; z.B. Badeinbau, Beseitigung gefangener Räume, Verkehrsflächenoptimierung (nicht dazu gehört der Ausbau des Dachgeschosses) |
Beraterhinweis Nach unserer Erfahrung folgen die Gutachterausschüsse bei der Datenermittlung regelmäßig diesen Ansätzen. In einigen Bundesländern, z.B. NRW, sind die Orientierungswerte als Bestandteil der ImmoWertA sogar verbindlich (s. § 29 Abs. 3 Satz 1 GrundWertVO NRW).
Wenn nicht modernisierte Elemente noch zeitgemäßen Ansprüchen genügen, sind mit einer Modernisierung vergleichbare Punkte zu vergeben (Anlage 2 I.1. ImmoWertV). ...