Der Durchführung einer Restrukturierung geht prinzipiell eine Krise innerhalb des Unternehmens voraus. Diese kann sich bereits sehr früh als strategische Krise äußern, indem z.B. strategische Geschäftsfelder wegfallen oder Wettbewerber eigene Produkte bzw. Dienstleistungen erfolgreich kopieren. Die strategische Krise ist dadurch gekennzeichnet, dass das Unternehmen trotz guter Cashflows ungünstig positioniert ist und auf längere Sicht Gefahr für den Unternehmensbestand droht. Eine strategische Krise wird von den Entscheidungsträgern oft nicht wahrgenommen, weil
- man sich von den noch guten Ergebnissen und Cashflows täuschen lässt,
- systematische Marktbeobachtungen und Wettbewerbsanalysen nicht ausreichend durchgeführt werden und
- strategische Probleme insgesamt nicht ausreichend hinterfragt und erkannt werden.
Wurde die strategische Krise nicht als solche erkannt oder wurden die falschen Konsequenzen gezogen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen abgeschöpft bzw. nicht oder falsch in zukünftige Potenziale investiert, erwächst in einer zweiten Phase zwangsläufig eine Ertragskrise. Diese äußert sich in Umsatz- und Margenstagnation bzw. -rückgängen, wobei ungenügende Cashflows eine schnelle Kehrtwende in der Regel erschweren. Je nach verfügbaren Rückstellungen und dem damit verbundenen finanziellen Spielraum führt die Ertragskrise in einer dritten Phase zur Liquiditätskrise mit der Gefahr von Insolvenz und Überschuldung (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Typischer Verlauf einer fortschreitenden Unternehmenskrise
Der Handlungsspielraum für eine Restrukturierung nimmt mit jeder Phase ab. So lassen sich während einer strategischen Krise die zur Verfügung stehenden Ressourcen im Sinne einer Reorientierung nutzen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen oder in neue Produktentwicklungen zu investieren. Innerhalb einer Ertragskrise ist die strategische Handlungsfreiheit zunächst eingeschränkt; in dieser Phase sind Kosten einzusparen, Strukturen anzupassen und Prozesse effizient und schlank zu gestalten. Während der dritten Phase ist auch der operative Handlungsspielraum eingeschränkt, was die möglichen Szenarien, die dem Management zur Verfügung stehen, erheblich reduziert. Letztlich sind den Phasen innerhalb des Krisenverlaufs vier Maßnahmenbündeln zuzuordnen, die im Folgenden im Sinne von internen Restrukturierungsprojekten dargestellt werden können:
- Projekte der strategischen Positionierung (strategische Krise),
- Projekte der Anpassung von Strukturen und Prozessen (Ertragskrise),
- Ergebnisverbesserungsprojekte (Ertragskrise),
- Liquiditätssicherungsprojekte (Liquiditätskrise).
Abb. 3: Maßnahmen und Potenziale einer Restrukturierung
Während der erste Projekttyp in den Rahmen der strategischen Restrukturierung eingeordnet wird, gehören die letzten drei Projekttypen zur operativen Restrukturierung. In Abbildung 3 sind zu den einzelnen Projekttypen korrespondierende Maßnahmen dargestellt, die in mittelständischen Restrukturierungsprojekten regelmäßig Anwendung finden. Die Maßnahmen reichen von Markt- und Wettbewerbsanalysen, die einen hohen Gestaltungsspielraum erlauben und für ein Unternehmen langfristige Erfolgspotenziale darstellen, bis hin zu operativen Maßnahmen, die die Zahlungsfähigkeit und damit kurzfristig den Fortbestand des Unternehmens sicherstellen. Bei der Durchführung von Restrukturierungsprojekten sind die strategischen Maßnahmen grundsätzlich auf die operativen Maßnahmen abzustimmen, um eine ganzheitliche Reorganisation zu ermöglichen. Nur auf diese Weise kann eine Restrukturierung die Profitabilität des Unternehmens und damit die Positionierung im Wettbewerbsumfeld nachhaltig verbessern.
Die schnelle Ausarbeitung und Implementierung eines Restrukturierungskonzeptes setzen jedoch die vollständige Offenheit und unbedingte Kooperationsbereitschaft aller beteiligten Mitarbeiter voraus. Nur wenn alle offenen Punkte diskutiert werden, organisatorische Ressourcen zugänglich sind und die Prozessverantwortlichen und Mitarbeiter auf das gleiche Ziel hinarbeiten, kann ein Restrukturierungsprojekt erfolgreich durchgeführt werden.