Fünf Faktoren für erfolgreiches Outplacement
Zum Themenfeld Restrukturierung und Transformation gibt es unzählige Bücher, Studien und Vorträge. Auffällig ist jedoch, dass nach wie vor betriebswirtschaftliche und arbeitsrechtliche Aspekte im Fokus stehen. Die personalwirtschaftliche Restrukturierung und Transformation wird häufig als reine Umsetzungspraxis verstanden, in deren Verlauf sich aber immer wieder gravierende Fehler und Bruchstellen einschleichen, weil zu wenig Zeit und Budget in Analyse, Planung und Kommunikation investiert werden.
Daher gilt es, bei Restrukturierungsprojekten eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen, die fünf Erfolgsfaktoren integriert:
1. Vom linearen Ansatz zum vernetzten Denken in der Transformation
In den meisten Restrukturierungen folgt der Ablauf diesem dreistufigen Schema: Das Management holt sich Unterstützung durch eine Unternehmensberatung, die je nach Krisenstadium als externer Know-how-Partner für Strategie, finanzwirtschaftliche Restrukturierung oder leistungswirtschaftliche Sanierung fungiert. Sind die betriebswirtschaftlichen Leitplanken definiert, wird im nächsten Schritt ein auf kollektives Arbeitsrecht spezialisierter Fachanwalt hinzugezogen.
Allzu oft sind Interessensausgleich und Sozialplan bereits mit der Mitbestimmung vereinbart, bevor eine Beratung für Mobilisierung, Outplacement und Transfergesellschaft ins Boot geholt wird. Dieses lineare Vorgehen hat bereits in Zeiten des klassischen Personalabbaus aufgrund von Rezession oder Unternehmenskrise nicht optimal funktioniert. Da sich Unternehmen auf absehbare Zeit parallel mit multiplen Krisen und den Megatrends demografischer Wandel, Digitalisierung und Dekarbonisierung auseinandersetzen müssen, ist ein vernetzter Lösungsansatz erforderlich. Dazu sollten Unternehmensberater, Arbeitsrechtler und Experten für Workforce Transformation möglichst früh vom Unternehmen in die gemeinsame Konzeption eingebunden werden. Dies erfordert auch von den externen Partnern neue Formen der Kooperation und des Projektmanagements.
2. Der Beitrag von Analyse und Planung zur Minimierung von Risiken
Die meisten Restrukturierungsprojekte, gleich ob in einem Konzern oder mittelständischen Unternehmen, stehen unter großem Zeitdruck, sodass die Phase der Analyse und Planung mit zu wenig Vorlauf und suboptimalem Budget ausgestattet wird. Dies erhöht jedoch die Risiken in den folgenden Phasen enorm und kann zu erheblichen Folgekosten und Imageschäden für den Arbeitgeber führen.
Der Personalbereich sollte daher das Management auf die dringende Notwendigkeit von Analyse-Workshops und Planungsprozessen hinweisen. Auch in jüngerer Zeit wurde bei großen Personalabbauprojekten immer wieder zu wenig auf den Personalbedarf in der kommenden Wachstumsphase geachtet, sodass überdimensionierte Maßnahmen durchgeführt wurden. Dies führt zu einer doppelten Kostensteigerung: Während der Restrukturierung wird mehr Budget für Abfindungen und berufliche Neuorientierung benötigt und im Aufschwung muss wieder vermehrt rekrutiert werden – auf einem tendenziell immer härter werdenden Arbeitsmarkt für Arbeitgeber.
Je nach Unternehmensgröße und Restrukturierungsdruck sollten Bausteine einer Strategischen Personalplanung (SPP) integriert werden. Im industriellen Mittelstand mit unter 1.000 Mitarbeitenden reicht häufig ein Management- und HR-Workshop aus, in dem mit einem robusten Bleistift-Ansatz die Planungsgrößen grob skizziert werden. Bei der Reorganisation größerer mittelständischer Unternehmen und Konzerne sollten dagegen software-basierte Tools eingesetzt werden, die verschiedene Szenarien des Übergangs in die neue Zielorganisation simulieren können. Diese Investition zahlt sich im weiteren Projektverlauf und in den Folgejahren auf jeden Fall aus.
3. Ohne smarte Kommunikation kein nachhaltiger Projekterfolg
Trotz zahlreicher Fachbücher und Seminarangebote zur Kommunikation in der Transformation werden hier immer wieder gravierende Fehler gemacht, die nicht nur intern destruktive Folgen haben, sondern häufig auch zu einer negativen Berichterstattung in den Medien führen. Beides verursacht erhebliche materielle und immaterielle Kosten. Ist das Misstrauen im Unternehmen groß, wird es zum gefährlichen Bremsklotz für die Transformation oder für den Turnaround. So können Kommunikationsfehler zumindest mittelfristig die Existenz eines Unternehmens gefährden.
Leider stehen immer noch zu sehr die "harten" betriebs- und finanzwirtschaftlichen Kennzahlen im Vordergrund, während Kommunikation als "weiches" Aufgabengebiet häufig an die Seite gedrängt wird. Die Abstimmung mit den internen und externen Stakeholdern hat mittlerweile eine viel zu große Bedeutung erlangt, die sich auch langfristig ökonomisch messen lässt, als dass sie noch als "Soft"-Thema betrachtet werden könnte. Hier bedarf es in der Regel der Unterstützung durch erfahrene Experten, die das Management, HR und Marketing/PR eines Unternehmens auf diesem schwierigen Weg beraten. In Richtung der Mitbestimmung und der Beschäftigten sollten Kommunikationsberater, Arbeitsrechtler und Experten für Workforce Transformation eng zusammenarbeiten. Dieser vernetzte Ansatz mag zunächst kostenintensiver erscheinen, aber seine Projekterfolgs-Rendite wird später klar überzeugen.
4. Ganzheitliche Mobilisierung der Beschäftigten als wesentlicher Erfolgsfaktor
Insbesondere größere Unternehmen sammelten in den vergangenen Jahrzehnten Erfahrungen mit Freiwilligenprogrammen, die unter der Prämisse von fairen und wertschätzenden Personalveränderungen standen. Dies hat häufig zum Entstehen eines sogenannten "Restrukturierungsgedächtnisses" bei den Beschäftigten geführt, die die Abbauwellen überstanden haben. Hier hat sich eine besondere Form des "Fixed Mindset" herausgebildet: "Wenn ich mich bewege, bin ich bald meinen Job los." Deshalb wird es immer schwieriger, Mitarbeitende für eine interne Veränderung zu gewinnen, da viele befürchten, dass dies nur die Vorstufe zum Weg nach draußen ist.
Diese Blockadehaltung wird in Zeiten des komplexen Personalumbaus zu einem ernsten Problem für die Transformationschancen von Unternehmen. Hier muss durch einen klugen Maßnahmen-Mix aus Kommunikation, Orientierung und Beratung neues Vertrauen aufgebaut werden. Typische Sonntagsreden des Managements über Unternehmenswerte und Zukunftsvisionen werden ebenso wenig Dynamik erzeugen wie rein monetäre Freiwilligenprogramme. Je nach Standort- beziehungsweise Unternehmensgröße und Tiefe des Geschäftsmodellwandels sind bewährte und neue Instrumente in einem innovativen Projektsetting erforderlich.
Ganzheitliche Mobilisierung bedeutet, die Beschäftigten in der Entscheidungsphase für eine interne oder externe Veränderung umfassend zu beraten und zu begleiten. Der HR-Bereich ist hier ein wichtiger Orchestrator. Die Beratung sollte aber durch einen neutralen Karriereberater erfolgen.
5. Die doppelte Herausforderung: Verändern-Können und Verändern-Wollen
In der Vergangenheit wurde ein linearer Personalabbau über eine Transfergesellschaft oder ein Projekt-Outplacement realisiert. Da sich im Zuge eines komplexen Personalumbaus in der Regel deutlich mehr Beschäftigte innerhalb des Unternehmens verändern und nur noch eine Minderheit von Mitarbeitenden in den externen Arbeitsmarkt vermittelt wird, werden zunehmend Instrumente wie die Personalvermittlungseinheit (PVE) und die Personaldrehscheibe eingesetzt, die durch eine Transfergesellschaft oder durch ein Projekt-Outplacement ergänzt werden.
Beide Beschäftigtengruppen benötigen eine Beratung, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren muss. Allzu häufig finden sich auch im Management und in HR-Abteilungen stereotype Vorstellungen über bestimmte Mitarbeitergruppen, sodass der einzelne Beschäftigte mit seinen Stärken, Bedürfnissen und Erwartungen durch das Raster eines kollektiv-optimierten Projektmanagements fällt. Bei der Gestaltung eines HR-Transformationsprojekts geht es immer um die Balance zwischen dem institutionellen Bedarf des Unternehmens und den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Personen. Dabei handelt es sich nicht um eine statische Balance, die sich zu Projektbeginn festschreiben lässt, sondern um einen dynamischen Prozess, der immer wieder durch Verschiebungen von Prioritäten, Budgets und Fokussierung austariert werden muss. Hier gilt es, die Mitbestimmung von Anfang an aktiv einzubinden und ihr Gestaltungsraum zu geben. Die Motivation des Betriebsrats und der beratenden Gewerkschaft wird von Management und HR oft als anstrengend empfunden. Gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertretung lassen sich personalwirtschaftliche Veränderungen jedoch selten durchsetzen.
Noch immer werden die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Veränderung nicht differenziert genug unterschieden. Traditionell gibt es in Deutschland eine Präferenz für formelle Skills, die über festgelegte Bildungswege erworben werden. Da diese im Berufsleben durch die Beschleunigung technologischer Innovationen immer häufiger und schneller entwertet werden, kommt den informellen Skills, die das Verändern-Können bestimmen, eine immer größere Bedeutung zu. In den meisten Unternehmen sind diese nicht bekannt, geschweige denn in HR-Systemen erfasst. Auch den Beschäftigten selbst sind ihre informellen Skills oft gar nicht bewusst, da sie im "Untergrund" des beruflichen und privaten Alltags mitschwingen. Den Blick für die eigenen vielfältigen Skills zu schärfen, ist daher ein zentraler Baustein in der beruflichen Neuorientierung, sei es in der Personalvermittlungseinheit oder in der Transfergesellschaft.
Noch schwieriger ist es, das für die Transformation notwendige Mindset auf der Ebene des einzelnen Beschäftigten zu erarbeiten. Immer wieder erleben Berater für berufliche Neuorientierung, dass häufig nicht diejenigen mit den umfangreichsten Skills die Veränderung am besten meistern, sondern jene Mitarbeitenden mit einem offenen Mindset des Verändern-Wollens. Daher sind Projektbudgets zur Förderung der Veränderungsbereitschaft gut angelegte Investitionen in die Zukunft von Unternehmen und Beschäftigten.
Vernetzt denken und kollaborativ handeln
Derzeit beschäftigen wir uns zu sehr mit den Symptomen wie Fachkräftemangel und Personalkostendruck. Wenn Transformation und Strukturwandel gelingen sollen, müssen wir gemeinsam lernen, vernetzt zu denken und kollaborativ zu handeln.
Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin 2/2024. Als Abonnent haben Sie Zugang zu diesem Beitrag und allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der Personalmagazin-App.
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