Rz. 11

Bei der Ermittlung des Ertragswerts des jeweiligen Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (Rz. 9) ist gem. § 236 Abs. 2 S. 1 und 2 BewG von der nachhaltigen Ertragsfähigkeit land- und forstwirtschaftlicher Betriebe auszugehen.

Hierbei ist nicht auf den tatsächlich erzielten Reinertrag des jeweiligen Betriebes, sondern auf den

  • bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
  • gemeinhin und nachhaltig erzielbaren Reinertrag
  • eines pacht- und schuldenfreien Betriebs
  • mit entlohnten fremden Arbeitskräften

(Sollertrag) abzustellen.[1]

Für die Ermittlung des Ertragswerts ist somit nicht der betriebsindividuelle Ertrag, sondern die objektive Ertragsfähigkeit (Rz. 9) maßgebend, die an einem Reinertrag gemessen wird, der gemeinhin und nachhaltig erzielbar ist. Nachhaltigkeit bedeutet, dass die Erträge auch künftig erzielbar sind. Der betriebsindividuelle Reinertrag ist von Witterungs- und Preisschwankungen sowie dem jeweiligen Arbeitseinsatz und Geschick des Betriebsleiters abhängig und somit für die Erfassung der objektiven Ertragsfähigkeit (Rz. 9) nicht geeignet.[2]

Infolgedessen ist auch nicht auf Muster- oder Spitzenbetriebe, sondern auf durchschnittliche Betriebsergebnisse abzustellen, die anhand der gesetzlich normierten Gliederung eines Betriebs üblicherweise erzielt werden. Dabei sind gem. § 236 Abs. 2 S. 4 BewG alle wesentlichen Umstände, die bei einer Selbstbewirtschaftung des Betriebs auf den Wirtschaftserfolg Einfluss nehmen oder von denen die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse abhängig ist, zu berücksichtigen. Außerdem ist zu unterstellen, dass der Betrieb schuldenfrei und mit einem für die ordnungsgemäße, gemeinhin übliche Bewirtschaftung notwendigen Bestand an Wirtschaftsgebäuden und Betriebsmitteln ausgestattet ist.[3]

Von einer ordnungsgemäßen Selbstbewirtschaftung ist auszugehen, wenn die Bewirtschaftung keine dauerhaften Mängel aufweist und nur der betriebsnotwendige Bedarf an Arbeitskräften und Betriebsmitteln vorhanden ist. Die Annahme einer gemeinhin üblichen Bewirtschaftung erfordert, dass Ertragsschwankungen und persönliche Verhältnisse des Betriebsinhabers, wie z. B. Altenteilsleistungen und Pensionsverpflichtungen, außer Betracht bleiben.

Das Erfordernis eines pachtfreien Betriebs resultiert einerseits aus dem Prinzip der Eigentümerbesteuerung (s. § 232 BewG Rz. 3) und andererseits aus dem Umstand, dass sich Pachterträge aufgrund der Selbstbewirtschaftung nicht auswirken dürfen.[4] Die Annahme eines schuldenfreien Betriebs stellt sicher, dass der Reinertrag nicht durch Fremdkapitalzinsen beeinflusst wird. Einerseits kann nicht unterstellt werden, dass eine Kreditaufnahme objektiv betriebsnotwendig ist, und anderseits soll der Wert eines Betriebes nicht von der Höhe vorhandener Geldmittel oder dem Geschick des Betriebsleiters im Rahmen einer Fremdfinanzierung abhängig sein.[5] Weder Geldforderungen noch Geldschulden gehören gem. § 232 Abs. 4 Nr. 3 und 4 BewG zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören. Schließlich soll die sog. Grundsteuer A für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft an die Stelle der Gewerbesteuer treten[6], die ebenfalls einen pacht- und schuldenfreien Betrieb besteuert.

 

Rz. 12

Nach § 236 Abs. 2 S. 3 BewG ermittelt sich der nachhaltig erzielbare Reinertrag i. S. d. § 236 Abs. 2 S. 1 und 2 BewG (Rz. 11) ausgehend vom durchschnittlichen Betriebseinkommen der Betriebe, das die gemeinhin erzielbare Entlohnung der Produktionsfaktoren Boden, (Besatz-)Kapital und Arbeit repräsentiert.[7]

Hiervon abzuziehen sind der tatsächliche Lohnaufwand für die entlohnten – fremden – Arbeitskräfte und ein angemessener Lohnansatz für die Arbeitsleistung (Tätigkeit) des Betriebsleiters sowie der nicht entlohnten Arbeitskräfte. Bei den nicht entlohnten Arbeitskräfte handelt es in der Regel um mitarbeitenden Familienangehörige. Durch den Abzug des angemessenen Lohnansatz für die Arbeitsleistung (Tätigkeit) des Betriebsleiters sowie der nicht entlohnten Arbeitskräfte wird der Bestimmung in § 236 Abs. 2 S. 2 BewG Rechnung getragen, wonach auf eine Bewirtschaftung mit entlohnten – fremdem – Arbeitskräften abzustellen ist.

Des Weiteren sind bei der Ermittlung der nachhaltig erzielbaren Reinerträge gem. § 236 Abs. 2 Satz 4 BewG alle wesentlichen Umstände, die bei einer Selbstbewirtschaftung des Betriebs den Wirtschaftserfolg beeinflussen, zu berücksichtigen. Infolgedessen sind bei der Ermittlung eines Reinertrags nur die Ergebnisse von selbst bewirtschafteten Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen. Dabei sind geringfügige dem Grunde nach gewerbliche Tätigkeiten, die nach den Abgrenzungsgrundsätzen der R 15.5 EStR 2012 noch der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden, unschädlich (s. § 232 BewG Rz. 40).

 

Rz. 13

Einstweilen frei

[1] S. Gesetzesbegründung zum Grundsteuer-Reformgesetz, zu § 236 Abs. 2 BewG, BT-Drucks. 19/11085 v. 25.6.2019, 102, sowie A 236 Abs. 1 S. 2 und 3 AEBewGrSt.
[2] Wiegand, in Rössler/Troll, BewG, § 236 BewG Rz. 6.
[3] S. Gesetzesbegründung zum Grundsteuer-Reform...

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