Rz. 43
In Anlehnung an die Regelung in § 179 S. 4 BewG zur Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer wird den Finanzbehörden in § 247 Abs. 3 BewG die Befugnis zur Ableitung des Werts des unbebauten Grundstücks aus den Werten vergleichbarer Flächen eingeräumt, wenn die Gutachterausschüsse in Ausnahmefällen keine Bodenrichtwerte ermittelt haben. Der Gesetzgeber wollte hiermit eine vollständige Bewertung aller wirtschaftlichen Einheiten sicherstellen. Bei fehlenden Bodenrichtwerten könnte ohne die in § 247 Abs. 3 BewG geregelte Ableitungsbefugnis kein Grundsteuerwert festgestellt werden.
Auf die Gründe, warum der Gutachterausschuss keinen Bodenrichtwert nach § 196 BauGB ermittelt hat, kommt es nicht an. Liegt kein Bodenrichtwert vor, ist i. S. d. § 247 Abs. 3 BewG der Bodenwert pro m² Grundstücksfläche aus den Bodenrichtwerten vergleichbarer Flächen abzuleiten. Durch die anschließende Multiplikation des abgeleiteten Bodenwerts pro m² Grundstücksfläche mit der Grundstücksfläche des zu bewertenden Grundstücks ergibt sich der Wert des unbebauten Grundstücks.
In den Verwaltungsanweisungen werden zu § 247 Abs. 3 BewG folgende Anwendungsfälle dargestellt:
- Fehlen von Bodenrichtwerten;
- Fehlen von Bodenrichtwerten bei werdendem Bauland;
- Fehlende Bodenrichtwerte bei einer Änderung des Entwicklungszustands innerhalb des Hauptfeststellungszeitraums;
- Fehlende Bodenrichtwerte für Grundstücke im bebauten Außenbereich.
Trotz der in § 193 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § 196 Abs. 1 S. 1 BauGB verankerten gesetzlichen Pflicht für die Gutachterausschüsse, Bodenrichtwerte flächendeckend zu ermitteln, können Bodenrichtwerte ausnahmsweise nicht zur Verfügung stehen. Insbesondere bei fehlenden Marktdaten kann es den Gutachterausschüssen objektiv unmöglich sein, Bodenrichtwerte zu ermitteln.
Zur Vorgehensweise bzw. Bewertung bei fehlenden Bodenrichtwerten für werdendes Bauland (Bauerwartungsland und Rohbauland) (s. Rz. 31) sowie bei fehlenden Bodenrichtwerten nach einer Änderung des Entwicklungszustands innerhalb des Hauptfeststellungszeitraums (s. Rz. 39).
Unter den Voraussetzungen des § 35 BauGB ist ausnahmsweise auch eine Bebauung im Außenbereich zulässig. Sind die auf dem Grundstück im Außenbereich vorhandenen baulichen Anlagen weiterhin rechtlich und wirtschaftlich nutzbar, wird dem Grundstück bei der Verkehrswertermittlung auf der Grundlage des BauGB im Rahmen der Bodenwertermittlung de facto Baulandqualität zuerkannt. So können zur Verkehrswertermittlung eines im Außenbereich liegenden, tatsächlich bebauten und zu Wohnzwecken baulich genutzten Grundstücks (sog. "faktisches Bauland") – zumindest als Ausgangsgröße – Bodenrichtwerte für baureifes Land herangezogen werden.
Bei der typisierten Grundsteuerbewertung sind in erster Linie die von den Gutachterausschüssen für derartige bebaute Grundstücke im Außenbereich ermittelten separaten Bodenrichtwerte anzusetzen. Liegen solche separaten Bodenrichtwerte für den bebauten Außenbereich nicht vor, kann nach Auffassung der Finanzverwaltung i. S. d. § 247 Abs. 3 BewG auf vom Gutachterausschuss, vom Oberen Gutachterausschuss oder von der Zentralen Geschäftsstelle der Gutachterausschüsse zur Verfügung gestellte Umrechnungskoeffizienten in Bezug auf den Bodenrichtwert vergleichbarer baureifer Grundstücke benachbarter Baugebiete zurückgegriffen werden. Ein ggf. vorhandener Bodenrichtwert für land- und forstwirtschaftliche Flächen ist für die Flächen, die der Bebauung zuzuordnen sind, bei einer Bewertung von Grundstücken im Grundvermögen nicht anzusetzen.