Rz. 10
Das Erbbaurecht ist gem. § 1 Abs. 1 des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG) das veräußerliche und vererbliche Recht des Erbbauberechtigten, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks des Erbbauverpflichteten ein Bauwerk zu haben (§ 243 BewG Rz. 39, § 244 BewG Rz. 22).
Das Erbbaurecht entsteht zivilrechtlich mit der Eintragung in das Grundbuch (§ 11 ErbbauRG i. V. m. § 873 BGB). Bewertungsrechtlich gilt das Erbbaurecht bereits dann als entstanden, wenn die dingliche Einigung über die Bestellung eines Erbbaurechts erfolgt ist und der zukünftige Erbbauberechtigte in der Lage ist, die Eintragung in das Grundbuch zu bewirken.
Rz. 11
Im Unterschied zur Einheitsbewertung, bei der das Erbbaurecht und das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück je eine selbstständige wirtschaftliche Einheit bilden, für die jeweils ein Einheitswert festzustellen ist, bildet das Erbbaurecht bei der Grundsteuerbewertung gem. § 244 Abs. 3 Nr. 1 BewG zusammen mit dem belasteten Grundstück (Erbbaugrundstück) ein Grundstück bzw. eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens (§ 244 BewG Rz. 11ff. und 22). Das gilt auch, wenn der Eigentümer des belasteten Grundstücks das Erbbaurecht oder der Erbbauberechtigte das belastete Grundstück erwirbt (Eigentümererbbaurecht). Das belastete Grundstück ist das Grundstück, an dem das Erbbaurecht bestellt ist (Erbbaugrundstück).
Im Allgemeinen erstreckt sich das Erbbaurecht auf das ganze Grundstück. Erstreckt sich das Erbbaurecht gleichwohl nur auf einen Teil des Grundstücks i. S. d. Zivilrechts, bildet nur dieser Grundstücksteil zusammen mit dem anteiligen belasteten Grund und Boden eine wirtschaftliche Einheit. Für den restlichen Teil des Grundstücks erfolgt dann eine Bewertung nach den allgemeinen Grundsätzen.
In Fällen, in denen der Erbbauberechtigte ein Gebäude auf einem erbbaurechtsbelasteten und einem angrenzenden Grundstück errichtet, ist nach der Auffassung der Finanzverwaltung bei der Grundsteuerbewertung hinsichtlich der Anzahl der wirtschaftlichen Einheiten danach zu unterscheiden, ob das angrenzende Grundstück dem Erbbauberechtigten gehört oder ob es sich hierbei um ein gepachtetes Grundstück handelt. Gehört das angrenzende Grundstück dem Erbbauberechtigten, ist das Gebäude gemeinsam mit dem gesamten Grund und Boden als eine wirtschaftliche Einheit zu bewerten. Wenn das angrenzende Grundstück aufgrund eines Pachtvertrags vom Erbbauberechtigten bebaut worden ist und es sich bei diesem Gebäudeteil um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden i. S. v. § 262 BewG handelt, sind 2 wirtschaftliche Einheiten zu bilden und entsprechend zu bewerten.
Rz. 12
Nach § 261 S. 1 BewG ist für die aus Erbbaurecht und Erbbaugrundstück zusammengefasste wirtschaftliche Einheit (Rz. 11) ein Gesamtwert nach den Regelungen für das Grundvermögen nach den §§ 243–260 BewG zu ermitteln, der festzustellen wäre, wenn die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht bestünde. D.h., bei der Wertermittlung wird – fiktiv – ein unbelastetes Grundstück unterstellt. Der ermittelte (Gesamt-)Wert schließt den Grund und Boden und ggf. vorhandene Gebäude ein. Der ermittelte Gesamtwert wird nach § 219 Abs. 1 BewG als Grundsteuerwert gesondert festgestellt.
Auf die Kommentierung zu den Regelungen des Grundvermögens in den §§ 243–260 BewG, insbesondere zur Bewertung von unbebauten Grundstücken (§ 247 BewG) und zur Bewertung von bebauten Grundstücken (§§ 250–260 BewG), wird ergänzend verwiesen.
Die Vorschrift greift einerseits den Gedanken der Gesamtwertermittlung für ein fiktiv unbelastetes Grundstück aus der Einheitsbewertung in Erbbaurechtsfällen auf, vermeidet anderseits aber die aufwendige Verteilung des Gesamtwerts auf das Erbbaurecht und das Erbbaurechtsgrundstück. Die Vorschrift entwickelt insoweit § 92 BewG unter Berücksichtigung des typisierenden Massenverfahrens fort.
Rz. 13
einstweilen frei