Rz. 10

Nach § 10 Abs. 1 GrStG ist derjenige Schuldner der Grundsteuer, dem der Steuergegenstand (§ 2 GrStG) bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet ist.

Die Zurechnung des Steuergegenstandes bei der Feststellung von Grundsteuerwerten i. S. d. § 219 Abs. 2 Nr. 2 BewG richtet sich nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Wirtschaftsgüter sind gem. § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Übt jedoch ein anderer als der bürgerlich-rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den (bürgerlich-rechtlichen) Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO als sog. wirtschaftlicher Eigentümer zuzurechnen. Für Zwecke der Grundsteuer ist eine Zurechnungsfortschreibung auch dann vorzunehmen, wenn das wirtschaftliche Eigentum übergeht.[1]

 

Rz. 11

Bei Grundstücken ist bürgerlich-rechtlicher Eigentümer grundsätzlich derjenige, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Als Eigentümer und damit als Steuerschuldner kommen in erster Linie alle natürlichen und juristischen Personen in Betracht. Unerheblich ist, ob es sich hierbei um inländische oder ausländische Personen handelt. Des Weiteren können insbesondere Personenhandelsgesellschaften (OHG nach § 124 Abs. 1 HGB oder KG nach § 161 HGB i. V. m. § 124 Abs. 1 HGB), Partnerschaften nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (§ 7 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 124 HGB) sowie Gesellschaften bürgerlichen Rechts (§§ 705ff., 899a BGB) Steuerschuldner sein, wenn sie selbst als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind. Die an diesen Gesellschaften beteiligten Personen sind nicht selbst Steuerschuldner, sie haften jedoch als Gesamtschuldner i. S. d. § 10 Abs. 2 GrStG i. V. m. § 44 Abs. 1 AO (Rz. 18). Ausnahmsweise kann auch eine Zurechnung an nicht rechtsfähige Vereine und Stiftungen erfolgen.[2]

Ob und inwieweit das Grundstück vom Eigentümer selbst genutzt oder vermietet ist, hat auf die Steuerschuldnerschaft keinen Einfluss. Auch die Umlage der Grundsteuer als Betriebskosten auf den Mieter lässt die Steuerschuldnerschaft des Eigentümers unberührt.

 

Rz. 12

Wird der Steuergegenstand im Rahmen der Feststellung der Grundsteuerwerte nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO zugerechnet, so ist dieser Steuerschuldner der Grundsteuer.[3]

In der Praxis tritt dieser Fall insbesondere im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken ein. Der Erwerber erlangt das zivilrechtliche Eigentum an dem Grundstück gem. § 873 Abs. 1 BGB erst mit der Eintragung in das Grundbuch. Um die wirtschaftlichen Folgen des Grundstücksverkaufs – unabhängig vom ungewissen Zeitpunkt der Eigentumseintragung im Grundbuch – sicher gestalten zu können, vereinbaren die Vertragsparteien im Kaufvertrag regelmäßig einen Zeitpunkt, ab dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten (Lastenwechsel) auf den Käufer übergehen soll. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung geht im Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten (Lastenwechsel) das wirtschaftliche Eigentum auf den Käufer über.[4] Dahinter steht die Überlegung, dass der wirtschaftliche Eigentümer objektiv diejenige Herrschaft ausübt, die ansonsten vom Eigentum ausgeht.[5] Gehen Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten unterjährig auf den Erwerber über, erfolgt die Zurechnungsfortschreibung unter der Prämisse des Stichtagsprinzips bei der Grundsteuer erst auf den Beginn des Folgejahres (§ 9 Rz. 11).

 

Rz. 13

Der Eigentümer kann nach § 928 Abs. 1 BGB das Eigentum an einem Grundstück dadurch aufgegeben, in dem er gegenüber dem Grundbuchamt den Eigentumsverzicht erklärt und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird.

Nach erfolgtem Eigentumsverzicht besteht für den Fiskus des Landes, in dem das Grundstück liegt, das Recht zur Aneignung des aufgegebenen – "herrenlos" gewordenen – Grundstücks. Lässt sich der Fiskus des (Bundes-)Landes als Eigentümer in das Grundbuch eintragen, erwirbt er das Eigentum (§ 928 Abs. 2 BGB). Verzichtet der Fiskus des Landes auf sein Aneignungsrecht, bleibt das Grundstück "herrenlos".

Aufgrund des Eigentumsverzichts ist das Grundstück dem bisherigen Eigentümer nicht mehr zuzurechnen (§ 219 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Infolgedessen ist er nicht mehr Schuldner der Grundsteuer gemäß § 10 Abs. 1 GrStG. Die Finanzverwaltung teilt dem bisherigen Eigentümer mit, dass ihm das Grundstück auf den dem Verzicht folgenden 1.1. des Kj. nicht mehr zuzurechnen ist und die Steuerpflicht endet.

Soweit der Fiskus des Landes sein Aneignungsrecht nicht ausübt, erfolgt eine Zurechnungsfortschreibung und die Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrages auf: "Ohne Eigentümer (Eigentumsverzicht nach § 928 BGB)", wobei die Grundstücksart, die Höhe des Grundsteuerwertes und des Grundsteuermessbetrages unverändert bleiben. Die Bescheide werden dem bis...

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