Rz. 9

Die Berücksichtigung der allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt (Marktanpassung) erfolgt im Sachwertverfahren nach der ImmoWertV insbesondere durch die Multiplikation des vorwiegend kostenorientiert ermittelten vorläufigen Sachwerts des Grundstücks mit einem objektspezifisch angepassten Sachwertfaktor.[1] Hierbei wird i. d. R. auf die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte (§§ 192ff. BauGB) aus dem Verhältnis geeigneter Kaufpreise zu entsprechenden vorläufigen Sachwerten abgeleiteten Sachwertfaktoren zurückgegriffen.[2]

Im typisierten Sachwertverfahren nach den §§ 258 – 260 BewG werden aus Vereinfachungs- und Automationsgründen marktübliche – bundesdurchschnittliche – Sachwertfaktoren gesetzlich als Wertzahlen in der Anlage 43 zum BewG vorgegeben.[3] Ein Rückgriff auf die von den Gutachterausschüssen ermittelten Sachwertfaktoren ist nicht vorgesehen. Dies trägt auch der Wertermittlungspraxis Rechnung, wonach von den Gutachterausschüssen für die gemäß § 250 Abs. 3 BewG im Sachwertverfahren zu bewertenden Grundstücke i. d. R. keine Sachwertfaktoren abgeleitet werden. In der Verkehrswertermittlung auf der Grundlage des Baugesetzbuchs werden die sog. Nichtwohngrundstücke und gemischt genutzten Grundstücke grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet (§ 250 BewG Rz. 15).[4]

Der Gesetzgeber ist im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019[5] erkennbar davon ausgegangen, dass durch die Anwendung der Sachwertfaktoren bzw. Wertzahlen nicht nur die Lage auf dem Grundstücksmarkt, sondern auch die regionalen Baupreisverhältnisse erfasst werden.[6] Dies entsprach der seinerzeitigen Vorgehensweise bei der Verkehrswertermittlung auf der Grundlage des Baugesetzbuchs (§ 258 BewG Rz. 16 und § 259 BewG Rz. 10).[7]

[1] S. § 14 Abs. 1 ImmoWertV 2010; Nr. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 SW-RL; § 7 Abs. 1 Nr. 3 ImmoWertV v. 14.7.2021.
[3] S. Begründung zum Entwurf eines Grundsteuer-Reformgesetzes, zu § 260 BewG, BT-Drs. 19/11085 v. 25.6.2019, 119.
[4] Für solche Grundstücksarten werden von den Gutachterausschüssen i. d. R. nur Liegenschaftszinssätze abgeleitet; s. auch § 193 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 und 2 BauGB: Aufgaben der Gutachterausschüsse.
[5] Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019, BGBl I 2019, 1794.
[6] S. Begründung zum Entwurf eines Grundsteuer-Reformgesetzes, zu § 260 BewG, BT-Drs. 19/11085 v. 25.6.2019, 119.
[7] S. Nr. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 SW-RL. Nach § 36 Abs. 1 und 3 ImmoWertV v. 14.7.2021 ist zur Berücksichtigung des Unterschieds zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau nunmehr ein gesonderter Regionalfaktor vorgesehen.

2.1 Marktanpassung durch Wertzahlen

 

Rz. 10

Um ihre Funktion als Marktanpassungsfaktor im Sachwertverfahren erfüllen zu können, sind die Sachwertfaktoren bzw. Wertzahlen (Rz. 9) mit dem vorwiegend kostenorientiert ermittelten vorläufigen Sachwert des Grundstücks zu multiplizieren.

Im Rahmen des typisierten Sachwertverfahrens nach den §§ 258260 BewG bildet gem. § 258 Abs. 3 S. 1 BewG die Summe aus dem Bodenwert i. S. d. § 247 BewG und dem Gebäudesachwert i. S. d. §259 BewG den vorläufigen Sachwert des Grundstücks. Zur Ermittlung des Grundsteuerwerts im Sachwertverfahren ist dieser vorläufige Sachwert des Grundstücks gem. § 258 Abs. 3 S. 2 BewG mit einer Wertzahl nach § 260 BewG zu multiplizieren. In § 260 BewG wird schließlich konkretisiert, dass der vorläufige Sachwert des Grundstücks i. S. d. § 258 Abs. 3 BewG mit der sich aus der Anlage 43 zum BewG ergebenden Wertzahl zu multiplizieren ist.

Workflow Marktanpassung im Sachwertverfahren

Da mit der Wertzahl neben der Lage auf dem Grundstücksmarkt auch unterschiedliche regionale Baupreisverhältnisse berücksichtigt werden, ist es folgerichtig, dass die Normalherstellungskosten wie die Kostenkennwerte der NHK 2010 aus der Anlage 1 der SW-RL nicht regionalisiert wurden (§ 259 BewG Rz. 10).

2.2 Differenzierung der Wertzahlen nach der Anlage 43 zum BewG

 

Rz. 11

Die in der Anlage 43 zum BewG dargestellten Wertzahlen werden in Abhängigkeit von der Höhe des vorläufigen Sachwerts (7 Stufen) und den Bodenrichtwerten (3 Stufen) differenziert.

Wertzahlen nach der Anlage 43 zum BewG für Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute Grundstücke nach § 249 Abs. 1 Nr. 5 – 8:

 
  Bodenrichtwert
vorläufiger Sachwert bis 100 EUR/m2 bis 300 EUR/m2 über 300 EUR/m2
bis 500 000 EUR 0,80 0,90 1,00
  750 000 EUR 0,75 0,85 0,95
  1 000 000 EUR 0,70 0,80 0,90
  1 500 000 EUR 0,65 0,75 0,85
  2 000 000 EUR 0,60 0,70 0,80
  3 000 000 EUR 0,55 0,65 0,75
über 3 000 000 EUR 0,50 0,60 0,70

Wenn eine Wertgrenze durch den vorläufigen Sachwert überschritten wird, findet die diesbezügliche Wertzahl auf den gesamten vorläufigen Sachwert und nicht nur auf den übersteigenden Teil Anwendung. Eine Interpolation zwischen den einzelnen Wertzahlen erfolgt nicht.[1]

So ergibt sich z. B. bei einem maßgeblichen Bodenrichtwert von 200 EUR für ein Geschäftsgrundstück mit einem vorläufigen Sachwert in Höhe von 3 Mio. EUR ein Grundsteuerwert in Höhe ...

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