Zeitpunkt im Prinzip irrelevant: Diskutiert wird insbesondere, ob die Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG auf den Zeitpunkt der Ausstellung der jeweiligen Rechnung zurückwirkt. Zwar ist es für die Berichtigung des Steuerbetrags im Prinzip ohne Bedeutung, auf welchen Zeitpunkt die Korrektur erfolgt. Relevant ist lediglich, dass sie erfolgt.

Problem Zinsen: Der Zeitpunkt ist aber im deutschen Recht insbesondere deshalb von Belang, weil mehrwertsteuerliche Verbindlichkeiten hierzulande gem. § 233a AO zu verzinsen sind. Dies ist insofern relevant als der Vorsteuerabzug, den ein unternehmerischer Leistungsempfänger im Regelfall auf der Grundlage der 14c-Rechnung vom Leistenden geltend gemacht hat, als von Anfang an unwirksam aberkannt wird.[12] Der (gutgläubige[13]) Leistungsempfänger muss also für die zurückzuzahlende Vorsteuer Zinsen an das Finanzamt zahlen, während der Erstattungsanspruch des Leistenden, falls keine Rückwirkung der Korrektur angenommen würde, von der Finanzverwaltung nicht zu verzinsen wäre.

Wg. Zinsen Verstoß gegen Neutralitätsgrundsatz: Folge wäre ein Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, der für den EuGH ein tragendes Prinzip seiner Rechtsprechung darstellt. Ob die Neutralität der Mehrwertsteuer gewährleistet ist oder nicht, beurteilt der EuGH immer im Rahmen einer Gesamtbetrachtung. Unter dem Strich müssen sich Steuerschuld und Vorsteuerabzug ausgleichen, auch wenn sie verschiedene Steuerpflichtige betreffen. Der Verstoß gegen die Neutralität muss sich auch nicht zwingend aus der Steuer selbst ergeben. Es reicht vielmehr aus, dass die Verzinsung dem Gleichlauf von Steuerschuld und Vorsteuerabzug entgegensteht.[14]

Feststellungen des EuGH: Letzteres hat der EuGH u.a. in seiner Senatex-Entscheidung relativ deutlich klargestellt. Hierin war einer der tragenden Gründe für die Anerkennung der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung für Zwecke des Vorsteuerabzugs, dass der Leistungsempfänger bei einer Nichtanerkennung der rückwirkenden Korrektur zur Zahlung von Nachzahlungszinsen verpflichtet wäre, "obwohl der Mitgliedstaat keine Einbuße an Steuern erleidet, da das Umsatzsteueraufkommen im Ergebnis gleichbleibt".[15]

[12] Obwohl der Wortlaut des UStG ein anderes Verständnis nahelegt; vgl. unten III.3.
[13] Bei den vorliegenden Ausführungen wird stets vorausgesetzt, dass keine betrügerischen Absichten bei den Beteiligten vorliegen. Liegt Missbrauch oder Betrug vor, gelten andere Grundsätze.
[14] Zu diesem Gleichlauf vgl. auch EuGH, Schlussanträge der GAin Kokott v. 30.11.2017 – C-8/17 – Biosafe, UR 2018, 399 Rz. 61 und 65.
[15] EuGH, Schlussanträge des GA Bot v. 17.2.2016 – C-518/14 – Senatex, UR 2016, 800 Rz. 42. S. auch EuGH v. 15.9.2016 – C-518/14 – Senatex, UR 2016, 800 Rz. 41.

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