Entscheidungsstichwort (Thema)
Angabe des zutreffenden Lebenssachverhalts als Voraussetzung für die inhaltliche Bestimmtheit eines Grunderwerbsteuerbescheids
Leitsatz (redaktionell)
Es bestehen ernstliche Zweifel an der inhaltlichen Bestimmtheit und damit an der Rechtmäßigkeit eines Grunderwerbsteuerbescheids, der nicht eindeutig erkennen lässt, welcher Lebenssachverhalt besteuert worden ist; ernstlich zweifelhaft ist auch, ob das FA den „richtigen”, die Besteuerung rechtfertigenden Lebenssachverhalt (hier: § 1 Abs. 2a GrEStG, Änderung im Gesellschafterbestand) noch außerhalb des Bescheids nachschieben kann, wenn es im Bescheid einen tatsächlich nicht verwirklichten Lebenssachverhalt besteuert hat (hier: Verwertungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 2 GrEStG).
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 2, 2a; AO 1977 § 157 Abs. 1 S. 2, § 126 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 69 Abs. 2-3
Tenor
1. Die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 28. Dezember 2001 wird ausgesetzt. Die Aussetzung der Vollziehung endet mit Bestandskraft des Bescheides, spätestens einen Monat nach Zustellung einer Einspruchsentscheidung.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Einspruchsverfahren wegen Grunderwerbsteuer. Streitig ist die Besteuerung des Austauschs aller Gesellschafter einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG.
Mit Vertrag vom 25. Oktober 1994 erwarb eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus den Gesellschaften A.A.B.GmbH (AA-GmbH), P.P.H., (PP-SC) und der Dr. K.M. und U.M. GmbH (MM-GmbH) das streitgegenständliche Grundstück in Dresden zum Kaufpreis von 40 Mio DM.
Mit Vertrag vom 29. Dezember 1996 veräußerte die GbR das Grundstück an die I. K. (die Antragstellerin), an der Herr K. als Komplementär ohne Einlage und die N.G. mbH als Kommanditistin beteiligt war. Vereinbart war weiterhin, dass die GbR auf dem Grundstück ein Hotel errichten sollte und die GbR-Gesellschafter von den KG-Gesellschaftern die KG-Anteile übernehmen sollten, falls es nicht bis zum 30. April 1997 zu einem I.leasingvertrag mit der P.I.-Gesellschaft kommen würde.
Nachdem aber dieser Fall eingetreten war, übernahmen mit notariellem Vertrag vom 6. Mai 1997 – Urkunde 177/97 des Notars S. – (teilweise in Abänderung der Vereinbarung vom 29. Dezember 1996) die AA-GmbH, die PP-SC und die MM-GmbH den Komplementär-Anteil von Herrn K. und ein Herr K. den Kommanditanteil der N. GmbH. Die Antragstellerin firmierte in ihre jetzige Firma um.
Am 31. Oktober 2000 teilte das Finanzamt dem Antragsgegner – dem Finanzamt – den Gesellschafterwechsel unter Beifügung des Vertrages vom 6. Mai 1997 mit.
Mit dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid vom 28. Dezember 2001 setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer auf DM 1.260.000,– fest. Auf dem Bescheid heißt es in der der Antragstellerin zugegangenen Fassung:
„Sie haben durch Vertrag vom 06.05.1997 – Notar Herr S., URNr.: a) – die Verwertungsbefugnis an folgendem Grundbesitz von Immob.-Verm.ges.Ku. …. erlangt: Gemeinde/Gemarkung: Dn. K.-Str. FlstNr.: b) Der Erwerbsvorgang unterliegt gemäß § 1 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG 1983) der Grunderwerbsteuer”.
Am 3. Januar 2002 erließ das Finanzamt einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts zum 6. Mai 1997 und stellte den Wert des Grundstücks auf DM 36.000.000 fest. Diesen Bescheid hob das Finanzamt am 8. März 2002 auf den Einspruch der Antragstellerin wieder auf.
Mit Schreiben vom 21. Januar 2002 legte die Antragstellerin gegen den Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 22. März 2002 ab. In diesem Schreiben weist das Finanzamt darauf hin, dass der vollständige Wechsel der Gesellschafter einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG besteuert werden solle.
Mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 2 und Abs. 3 FGO macht die Antragstellerin geltend, die Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheides sei zumindest ernstlich zweifelhaft.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 28. Dezember 2001 auszusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen,
da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuer bestünden.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Steuerakten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides. Die Vollziehung ist daher bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung auszusetzen.
Im Streitfall ist ernstlich zweifelhaft, ob das Finanzamt mit dem Bescheid vom 28. Dezember 2001 den zu besteuernden Lebenssachverhalt ausreichend bezeichnet hat. Auf die übrigen von den Beteiligten problemat...