rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen regelbesteuerten Restaurationsumsätzen und ermäßigt zu besteuernden Lebensmittellieferungen bei einem Kantinenbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Unterscheidung zwischen dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsätzen und ermäßigt zu besteuernden Lebensmittellieferungen beruht auf der Grundlage der Abgrenzung zwischen Lieferung und Dienstleistung. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist das qualitativ überwiegende Element des besteuerten Umsatzes zu ermitteln.
2. Die Bereitstellung von Mobiliar kann entgegen früherer BFH-Rechtsprechung nicht als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn es nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr der angebotenen Lebensmittel zu erleichtern, sondern möblierte Bereiche zugleich z. B. auch als Treffpunkt für Mitarbeiter und zum Verzehr selbst mitgebrachter Speisen und Getränke genutzt werden können.
3. Von einer Dienstleistung ist auszugehen, wenn in einer Kantine täglich mindestens drei verschiedene Gerichte bei wöchentlich wechselndem Speiseplan angeboten werden, diese von dem Kantinenpersonal selbst zubereitet werden und keine „Standardspeisen” als Ergebnis einfacher und standardisierter Zubereitungsvorgänge nach Art eines Imbissstandes sind.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1, 9
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes bei der Umsatzsteuer für April 2018.
Der Kläger und seine Ehefrau betreiben seit dem 01.11.2017 die Kantine des … (fortan X.) aufgrund eines Dienstleistungskonzessionsvertrags zwischen X. und Kläger. In dem Vertrag vom … wird geregelt, dass das X. für die Dauer von 2 Jahren eine Dienstleistungskonzession zur Bewirtschaftung der Kantine innerhalb der X.-Räumlichkeiten an den Kläger vergibt. Neben der Versorgung der X.-Beschäftigten können auch andere Nutzer das Angebot gemäß definierter Zeitvorgabe nutzen; weiterhin war der Kläger für sämtliche hausinterne Veranstaltungen des X. zuständig. Vertraglich vereinbart war die Verpachtung und Bewirtschaftung der Kantine und Cafeteria des X. einschließlich der Bewirtschaftung von Lebensmittelautomaten sowie die Konferenz- und Pausenbewirtung (Cateringservice) zur Verpflegung der Mitarbeiter und Gäste. Der Kläger hatte laut Vertrag die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und vom Versorgungsumfang war umfasst: das Angebot in Form einer Cafeteria mit normalem Frühstücksangebot, mit kalten und warmen Speisebestandteilen sowie warmen und kalten Getränken, ständig verfügbareres Imbissangebot und eine Mittagsversorgung mit warmen, frisch zubereiteten Speisen im Komponentensystem. Die Betreuung sollte lt. Vertrag durch Mitarbeiter, die speziell für den Standort der X. geschult werden, erfolgen. Ein maßgebliches Kriterium war die Berufserfahrung im Gastronomiebereich und ein hohes Maß an Dienstleistungskompetenz. Der Auftragnehmer hatte ausreichend Ausgabepersonal zu stellen. Zur Infrastruktur war in § 7 des Vertrages folgendes geregelt: Nutzung der vorhandenen Küche im X. (deren Ausstattungsmerkmale wie Herd, Griddleplatte, Bain-Marie Speiseausgabewagen, Spülmaschine etc. aufgeführt), darunter waren u.a. Geschirr, Besteck, Töpfe, Pfannen etc. genannt.
Der Kläger verkauft im Rahmen seiner Betreibung wöchentlich wechselnd zubereitetes Mittagessen sowie Snacks und Getränke innerhalb der Öffnungszeiten. Beispielhaft legte der Kläger den Speiseplan für die Woche 14.01.2019 bis 18.01.2019 vor, in der Folgendes angeboten wurde:
|
Montag |
Dienstag |
Mittwoch |
Donnerstag |
Freitag |
Gericht des Tages |
Pasta mit Gulasch |
Gefüllte Paprikaschote mit Reis |
Westernpfanne |
Erbensuppe mit Rauchwurst |
Hackbraten mit Püree |
Vegetarisches Gericht |
Kartoffeln mit Quark |
Nudelauflauf |
Schupfnudelpfanne |
Spinat-Gorgonzola-Gnocchi |
Currygemüse mit Reis |
Fisch- bzw. Fleischgericht |
Rostbrätl selbst eingelegt |
Hähnchenbrust überbacken |
Schnitzel |
Salzbraten |
Seelachs im Knuspermantel |
Gemüsebeilage |
Mischgemüse mit Blumenkohl |
Brokkoli Gemüsemix |
Rahmpilze, Erbsen |
Speckbohnen mit Sauerkraut |
Gemüsemix Romanesco |
Sättigungsbeilage |
Wedges |
Reis, Rosmarinkartoffeln |
Grillkartoffel-Scheiben-Pommes |
Kloß, Kartoffeln |
Basmatireis, Pommes |
Die Mitarbeiter der Kantine kochen das Essen in der Küche selbst. Das Mittagessen wird auf Tellern portioniert durch das Kantinenpersonal ausgeteilt. Zudem werden den Gästen Besteck, Gläser und Tassen zur Verfügung gestellt. Im Kantinenraum stehen Tische und Stühle zur Einnahme der Mahlzeiten oder Snacks zur Verfügung. Die Reinigung der Küche, der Theken, des Mobiliars sowie von Besteck und Geschirr wird durch das Kantinenpersonal des Klägers durchgeführt. Der Kläger zahlt an das X. für die Zurverfügungstellung der dergestalt ausgestatteten Räumlichkeiten kein Entgelt, Pachtzins o.ä. Der Kantinenraum hat drei Zugänge, der Essbereich stellt aufgrund des offenen Baukonzepts...