Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug und umsatzsteuerliche Mindestbemessungsgrundlage bei Verpachtung einer Gaststätte zwischen Ehegatten zu einem Pachtzins unterhalb der ortsüblichen Marktpacht
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 letzter Fall i. V. m. Abs. 4 Nr. 2 UStG ist bei Leistungen an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer nicht anwendbar, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegt.
2. Im Streitfall konnte der Senat dahinstehen lassen, ob die ortsübliche Marktpacht, wenn keine Vergleichspachten feststellbar sind, allein orientiert am von einem normalqualifizierten Pächter erzielbaren Ertrag (sog. EOP-Verfahren) zu ermitteln ist, oder mit Blick auf einen unterstellten vertraglichen Interessen- und Risikoausgleich zwischen Pächter und Verpächter ein Mittelwert zwischen der für den Pächter aufgrund seiner erzielbaren Erträge finanzierbaren Pacht und der vom Verpächter zwecks Rentierlichkeit seiner Investitionen benötigten Pacht heranzuziehen ist.
3. Verpachtet der Steuerpflichtige seinem Ehegatten eine Gaststätte zu einem Pachtzins, der erheblich unterhalb der nach der EOP-Methode ermittelten Untergrenze der ortsüblichen Marktpacht liegt, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dies auf privaten Gründen beruht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 12 Nr. 1; UStG § 10 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2, § 15a
Nachgehend
Tenor
Die geänderten Bescheide über Umsatzsteuer 2008 bis 2010 jeweils vom 01.11.2013 in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 07.10.2014 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2008 um 2.904,15 EUR, 2009 um 2.238,80 EUR und 2010 um 2.177,21 EUR vermindert festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 80 v.H. und der Beklagte 20 v.H.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin die Gaststätte LM. ihrem Ehemann teilweise unentgeltlich überließ.
Mit Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts D. vom 18.07.2006 erwarb die K.– Firma mbH D. das Gaststättengrundstück S.–Str. in D.. Mit notariellem Kaufvertrag vom 25.07.2006 wurde es an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 140.000 Euro veräußert. Das Grundstück hat eine Fläche von 8.440 qm und liegt am westlichen Stadtrand von D., ca. 4 km vom Stadtzentrum entfernt. Die Nutzfläche der Gaststätte „LM” beträgt insgesamt 308,55 qm, wovon 187,90 qm auf das Gebäude und 120,65 qm auf die Terrasse entfallen.
Das Gaststättengrundstück war aufgrund Pachtvertrags vom 02.09.2003 ab dem 01.10.2003, ordentlich kündbar frühestens zum 31.12.2008, zu einer monatlichen Nettopacht in Höhe von 750 Euro verpachtet. Das Pachtverhältnis sollte sich jeweils um fünf Jahre verlängern, wenn es nicht von einer Vertragspartei sechs Monate vor Ablauf gekündigt wird. Die Pächter hatten das Recht, maximal zweimal bis drei Monate vor dem Pachtende die Fortsetzung des Pachtverhältnisses um weitere fünf Jahre zu verlangen. In diesem Fall sollte die monatliche Nettopacht im Falle der Ausübung der ersten Fünf-Jahres-Option auf 1.250 Euro und im Falle der Ausübung der zweiten Fünf-Jahres-Option auf 1.750 Euro steigen. Der Verpächter sollte die Grundsteuer und die Pächter alle übrigen Neben- und Betriebskosten tragen. Schönheitsreparaturen und kleiner Instandhaltungsarbeiten waren von den Pächtern durchzuführen. Dieses Pachtverhältnis wurde von der K.– Firma mbH am 27.07.2006 gemäß § 57a Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung –ZVG– zum 31.03.2007 gekündigt.
Die Klägerin investierte in die Gebäudesanierung in den Streitjahren 2007 2.080 Euro, 2008 214.893,63 Euro, 2009 38.749,25 Euro und 2010 12.487,51 Euro. Dabei wurde neben den Sanierungsarbeiten ein Toilettenhaus errichtet. In die Außenanlagen, u.a. ein Beachvolleyballfeld und eine Minigolfanlage, investierte sie 2008 35.114,91 Euro, 2009 23.377,58 Euro und 2010 3.980,96 Euro. 2008 lies die Klägerin einen Kleingüteraufzug für 6.848,50 Euro einbauen. In die Küchenausstattung investierte sie 2008 32.027,67 Euro. Geschäftsausstattung, namentlich ein Kassensystem, einen Weinklimaschrank, Audiotechnik, einen Laptop, ein EC-Terminal, ein Pavillonzelt, ein Funkhandy, eine Waschmaschine, einen Bauertisch, ein Partyzelt und eine Klimaanlage für den Papageienkäfig, schaffte sie 2008 für 11.365,61 Euro, 2009 für 4.937,14 Euro und 2010 für 5.325,21 Euro an. Geringwertige Wirtschaftsgüter erwarb die Klägerin 2008 für 5.041,06 Euro, 2009 für 926,45 Euro und 2010 für 378,07 Euro. Ferner erwarb sie 2008 ein Kombigerät incl. Heckenschneider und eine Tischtennisplatte für zus...