Leitsatz
Die einzelnen zu einer Verkaufsausstellung (sog. Sanitärausstellung) zusammengefassten Gegenstände stellen in aller Regel jeweils selbstständig bewertbare Wirtschaftsgüter und kein einheitliches Wirtschaftsgut dar.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Satz 1 EStG , § 6 Abs. 2 EStG , § 2 Satz 1 InvZulG 1996 , § 3 Satz 4 InvZulG 1996 , § 6 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1996
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt u.a. einen Sanitärbetrieb. In den Jahren 1995 und 1996 (Streitjahr) erwarb sie verschiedene Sanitärgegenstände (Badewannen, Waschbecken, Duschen, Toiletten usw.), die sie in ihren Betriebsräumen zu einer sog. "Sanitärausstellung" zusammenfasste. Ziel dieser Ausstellung war es, potenziellen Kunden eine repräsentative Auswahl an Sanitärartikeln zu bieten und Kombinationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ein Teil der Sanitäreinrichtungen der Ausstellung wurde zur Demonstration mit einem eigenen Wasseranschluss ausgestattet. Eine Nachschau des FA ergab, dass – bis auf eine Ausnahme – die Ausstellungsstücke über einen Zeitraum von drei Jahren identisch geblieben waren.
Für die für die Bäderausstellung aufgewendeten Anschaffungskosten beantragte die Klägerin im April 1997 die Gewährung einer Investitionszulage. Bei der Festsetzung der Zulage gewährte das FA nur für einen Teil der angeschafften Wirtschaftsgüter die beantragte Zulage mit der Begründung, bei den übrigen Wirtschaftsgütern (Waschtische, Spiegelschränke, Lampen, Handtuchhalter, WC-Becken usw.) handle es sich um geringwertige Wirtschaftsgüter. Weiterhin verneinte es die Zulagenfähigkeit der im Jahr 1995 für die "Sanitärausstellung" aufgewendeten Kosten, da der Antrag hinsichtlich dieser Wirtschaftsgüter verspätet eingegangen sei.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das FG war der Auffassung, bei der "Sanitärausstellung" handle es sich um eine Betriebsvorrichtung, für die die Klägerin eine Investitionszulage beanspruchen könne. Die Revision des FA führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidung
Die Frage, ob eine Betriebsvorrichtung vorliege oder nicht habe nur Bedeutung, wenn fraglich sei, ob ein zivilrechtlich unselbstständiger Gebäudebestandteil steuerrechtlich als bewegliches Wirtschaftsgut zu beurteilen sei. Hier sei aber unstreitig, dass keine unbeweglichen Wirtschaftsgüter vorlägen. Entscheidend sei vielmehr, ob es sich bei der Sanitärausstellung um eine im Rechtssinn einheitliche Sache handle. Dies sei zu verneinen. Es handle sich grundsätzlich um eine Vielzahl von selbstständig bewertungsfähigen Wirtschaftsgütern, die auch jeweils einer selbstständigen Nutzung fähig seien. Da das FG keine Feststellungen zur Höhe der Anschaffungskosten und zum Zeitpunkt der Anschaffung getroffen habe, ferner nicht auszuschließen sei, dass einzelne Wirtschaftsgüter wegen ihrer Verbindung mit anderen Wirtschaftsgütern ihre selbstständige Bewertbarkeit doch verloren hätten, sei die Sache zur Nachholung dieser Feststellungen zurückzuweisen.
Hinweis
Streitig war, ob Investitionszulage für eine sog. Sanitärausstellung zu gewähren war. Für geringwertige Wirtschaftsgüter kann Investitionszulage nicht beansprucht werden. Zulagenrechtlich geht daher das Interesse der Steuerpflichtigen dahin, die Einschätzung als geringwertiges Wirtschaftsgut möglichst zu vermeiden. Was unter einem geringwertigen Wirtschaftsgut zu verstehen ist, richtet sich nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen. Danach müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
Es muss sich a) um ein selbstständig bewertbares und b) selbstständig nutzbares Wirtschaftsgut handeln, dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten c) 410 EUR nicht überschreiten. An einer selbstständigen Bewertbarkeit fehlt es, wenn der Gegenstand für sich allein unvollständig erscheint oder ohne den/die anderen Gegenstände ein negatives Gepräge hat. Eine selbstständige Nutzbarkeit ist dann nicht gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern in einen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt ist, so dass die Gegenstände nach außen als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten. Zusätzlich müssen die Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sein. Hiervon ist auszugehen, wenn einem Gegenstand ohne einen anderen bzw. ohne andere Gegenstände schon aus rein technischen Gründen allein keine Nutzbarkeit zukommt.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz war der BFH der Auffassung, dass eine Sanitärausstellung kein einheitliches Wirtschaftsgut darstelle. Vielmehr seien die einzelnen Gegenstände grundsätzlich selbstständig bewertungsfähig, denn sie seien weder fest miteinander verbunden noch erschienen sie jeder für sich betrachtet unvollständig. Sie seien nach wie vor auch selbstständig nutzbar, denn sie könnten der Ausstellung entnommen werden, ohne dass sie hierdurch ihre Nutzbarkeit einbüßten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 9.8.2001, III R 30/00