Rz. 13
Abs. 1 Satz 1 bestimmt zunächst einen Regelruhenszeitraum bis zum Ablauf der für den Arbeitgeber maßgebenden Kündigungsfrist. Diese Regelung ist ohne weiteres plausibel, wenn eine Entlassungsentschädigung in Arbeitsentgelt bis zum Ablauf dieser Kündigungsfrist und weitere sozial motivierte Entschädigung (soziales Schmerzensgeld) aufgeteilt wird. Umgekehrt führt eine Entlassungsentschädigung nicht zum Ruhen des Alg, wenn die arbeitgeberseitige Kündigungsfrist eingehalten ist, die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für die Kündigung aber nicht vorlagen, weil die Kündigung z. B. nicht sozial gerechtfertigt war. Der jeweilige Ruhenszeitraum wird allerdings in Abs. 2 gesondert konkretisiert.
Rz. 13a
Abs. 1 Sätze 3 und 4 treffen hingegen Sonderregelungen für die Fälle, in denen eine arbeitgeberseitige Kündigungsfrist aufgrund eingetretener, insbesondere tarifrechtlicher Sachverhalte oder gesetzlicher Regelungen nicht bestimmt werden kann. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber mit fiktiven Kündigungsfristen danach, ob dem Arbeitslosen zeitlich begrenzt oder unbegrenzt überhaupt nicht mehr ordentlich gekündigt werden konnte (Satz 3) oder der Arbeitgeber nur noch bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war (Satz 4). Unkündbarkeit kann nicht durch eine nachträgliche Öffnungsklausel in einem Tarifvertrag oder Sozialplan beseitigt werden. Die ordentliche Kündigungsfrist gilt aber schon dann, wenn eine ordentliche Kündigung durch Öffnungsklausel für bestimmte Fallgestaltungen zugelassen worden ist. Bei Anwendung des § 158 gilt die kürzeste Kündigungsfrist, wenn mehrere Sachverhalte vorliegen, die eine ordentliche Arbeitgeberkündigung ausschließen. Der Arbeitnehmer kann also ungeachtet der tatsächlichen kündigungsrelevanten Sach- und Rechtslage die Anwendung des § 158 verhindern, wenn er eine Aufhebungsvereinbarung nur bei Einhaltung der vorgesehenen fiktiven Kündigungsfrist abschließt bzw. auf Einhaltung einer entsprechenden Frist bei Arbeitgeberkündigung besteht (vgl. hierzu aber Komm. zu § 157 Abs. 3). Zu den Schwierigkeiten, die tarifvertraglichen Regelungen zum Kündigungsschutz auszulegen, vgl. beispielhaft SG Kassel, Urteil v. 26.9.2011, S 3 AL 270/10, zum Tarifvertrag Schutzabkommen im DHL-Konzern.
2.2.1 Fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten
Rz. 14
Die fiktive Kündigungsfrist beträgt 18 Monate nach Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, wenn die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen ist, typischerweise aufgrund eines bestimmten erreichten Lebensalters oder einer bestimmten Anzahl von Jahren mit Betriebszugehörigkeit. Ein zeitlich unbegrenzter Kündigungsausschluss bezieht sich auf die Vollendung des Lebensalters im Einzelfall, das zur Inanspruchnahme der Regelaltersrente berechtigt und zu dem der Arbeitnehmer aus dem Kreis der Arbeitslosenversicherung ausscheidet; die Besonderheiten des § 136 Abs. 2, wonach der Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung noch bis zum Monatsende nach Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente möglich ist, dürfte unerheblich sein. Für die Beurteilung des Ausschlusses der Kündigung i. S. v. Abs. 1 Satz 3 kommt es auf den Zeitpunkt der Kündigung bzw. des Abschlusses der Beendigungsvereinbarung an. Dieser Zeitpunkt ist auch für die Beurteilung maßgebend, ob der Ausschluss zeitlich begrenzt oder unbegrenzt ist. Ein vollständiger Ausschluss ist anzunehmen, wenn dies durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag vorgesehen ist, ebenso, wenn eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, weil die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen (LSG Hessen, Urteil v. 18.11.2016, L 7 AL 126/15, info also 2017 S. 115). Die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist ist im Gesetzgebungsverfahren zu § 117 AFG mit dem außergewöhnlich starken Kündigungsschutz und folglich besonders hohem Arbeitsentgeltanteil in der Entlassungsentschädigung begründet worden. Die Regelung erfasst nicht tatsächliche Beendigungen von Arbeitsverhältnissen aufgrund geregelter wieder hergestellter Kündbarkeit an sich zeitlich unbegrenzt unkündbarer Arbeitnehmer (z. B. bei erheblicher Betriebsänderung oder zulässiger Änderungskündigung). Allerdings wenden die Agenturen für Arbeit die Frist von 18 Monaten an, wenn die Tarifvertragsparteien die ordentliche Kündigungsfrist wiederherstellen, nachdem der Arbeitnehmer aufgrund des zuvor gültigen Tarifvertrages den Unkündbarkeitsstatus erworben hat.
Rz. 14a
Allerdings soll eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und sich daraus ergibt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ansonsten trotz völligen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit ohne Gegenleistung für erhebliche Zeiträume Vergütungen auszahlen müsste (Bay. LSG, Urteil v. 21.9.2016, L 10 AL 75/16). Es kommt also ...