Rz. 2
Die Vorschrift beschreibt erstmals in der Rechtsgeschichte nicht nur die Handlungsfelder der Agenturen für Arbeit, sondern auch der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber als besondere Verantwortung für den Arbeitsmarkt, die zudem insbesondere zur Zielerreichung (§ 1) beitragen (sollen). Damit greift der Gesetzgeber gebündelt, aber nicht im Einzelnen erstmals Aspekte auf, die den unmittelbar am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt tätigen Partnern zur Verantwortung zugewiesen werden. Dadurch wird § 2 zum Rahmen und (Arbeits-)Programm des Gesetzes und zur Erreichung der in § 1 aufgelisteten politischen Ziele. Diesen sieht der Gesetzgeber auch nach einer gründlichen Überarbeitung der Ziele der Arbeitsförderung zum 1.1.2009 im Rahmen der Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und der weiteren Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente im SGB III und SGB II als im Wesentlichen unverändert an. Die Vorschrift steht aufgrund ihrer Zielsetzung und ihres Inhaltes in Bezug zu arbeitsrechtlichen Vorschriften, etwa im KSchG und BetrVG. In der Literatur wird zudem zu Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 auf § 629 BGB verwiesen. Letztlich handelt es sich bei § 2 um eine Teilung der Verantwortung für den Arbeitsmarkt aus einer sozialstaatlichen Perspektive.
Abs. 1 beschreibt zunächst den staatlichen Beitrag im Rahmen der Arbeitsförderung durch die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit. Aufgezählt werden die vorrangigen Dienstleistungen der Agenturen für Arbeit am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und somit die Kernaufgaben, die gegenüber Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu erledigen sind. Die Dienstleistungen für die Arbeitgeber (Abs. 1 Nr. 1) bestehen aus Information, Beratung und Vermittlung. Die Information über Ausbildungsmarkt- und Arbeitsmarktentwicklungen, über Ausbildungsuchende und das Fachkräfteangebot sowie über berufliche Bildungsmaßnahmen ist eine Pflichtaufgabe der Agenturen für Arbeit. In Zeiten eines geteilten Arbeitsmarktes mit einer großen Arbeitskräftenachfrage und Fachkräftemangel einerseits sowie weiterhin in vielen Segmenten einem Überangebot an Arbeitsnachfrage kommt dem spezifischen Wissen der Agenturen für Arbeit eine besondere Bedeutung zu. Gezielte Arbeitsmarktberatung sowie die Vermittlung von Auszubildenden und Arbeitskräften gehören zum optionalen Angebot an die Arbeitgeber. Arbeitsmarktberatung zielt insbesondere auf schwieriger zu besetzende offene Stellen aktuell und in der Zukunft. Die Perspektive der Bundesagentur für Arbeit reicht zwischenzeitlich bis in die Nähe des Endes dieses Jahrzehnts. Die Dienstleistungen an die Arbeitnehmer bestehen aus Beratung zur Berufswahl und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, Vermittlungsvorschlägen und der Erbringung von weiteren Leistungen der Arbeitsförderung auch über die reinen versicherungsrechtlichen Leistungen hinaus. Abs. 1 Nr. 2 enthält die klassischen Aufgabenfelder der Berufsberatung und Arbeitsvermittlung sowie die Leistungsgewährung. Die Handlungsfelder sind als Pflichtaufgaben der Agenturen für Arbeit ausgestaltet.
Handlungsfelder der Agenturen für Arbeit sind daher kurzfristige Marktausgleichsaktivitäten, längerfristige Beeinflussung der Entwicklung auf der Angebots- bzw. Nachfrageseite des Arbeitsmarktes unter besonderer Berücksichtigung des sich ausbreitenden Fachkräftemangels sowie Begleitung struktureller, demographischer und verhaltensbedingter Marktveränderungen. Zu den Kernaktivitäten gehören insbesondere auch die Möglichkeiten veränderter Perspektiven sowohl bei der Suche nach Ausbildung und Arbeit wie auch bei der Besetzung offener Ausbildungs- und Arbeitsstellen.
Die Abs. 2 bis 5 legen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern Pflichten auf. Ansprüche lassen sich daraus nicht konkret herleiten. Ein entsprechendes Verhalten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann nicht eingeklagt werden. Die Regelungen in § 2 geben gleichwohl Hinweise auf die Ausgestaltung der Regelungskomplexe im Gesetz, insbesondere im Ermessensbereich und in Bezug auf die Folgen versicherungswidrigen Verhaltens. Sie haben also keinen konkreten Regelungsgehalt, sondern eher Programmcharakter.
Die Arbeitgeber haben bei ihren Entscheidungen die Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitsförderung einzubeziehen. Die Freiheit der unternehmerischen Entscheidung wird damit jedoch nicht angetastet. Dieser Programmsatz ist eher als wünschenswerter sozialpolitischer Auftrag zu verstehen, der nur schwer mit dem Grundsatz der Gewinnmaximierung in Einklang zu bringen ist. Im Übrigen ist der Abs. 2 aber realitätsnah und pragmatisch ausgestaltet. Arbeitnehmer dürfen nicht als Arbeitskraft ausgebeutet und im Übrigen dem Staat überlassen werden. Ihre Qualifikation soll ständig angepasst werden, sodass Beschäftigungslosigkeit nicht einzutreten braucht; muss ein Arbeitsverhältnis dennoch einmal beendet werden, soll der Arbeitgeber seinen Informationspflichten nachkommen, den Arbeitnehmer freistellen und die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen ermöglich...