1 Rechtsentwicklung/Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift resultiert auf Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854). Die Vorschrift ist zum 1.4.2012 in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz sind die Eingliederungszuschüsse neu strukturiert worden. Zuvor war der Inhalt von § 90 in § 218 Abs. 2 a. F. und 219 a. F. enthalten. Mit Art. 5 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) ist die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2018 geändert worden. Dabei sind die Verweise in Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 an die neue Vorschriftenreihung des SGB IX angepasst worden, ohne dass es dadurch zu inhaltlichen Änderungen gekommen wäre.
2 Rechtspraxis
2.1 Schwerbehinderte Menschen (Abs. 1)
Rz. 2
§ 90 ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern ermöglicht nur die Zahlung eines höheren Eingliederungszuschusses für behinderte und schwerbehinderte Menschen. Daher muss zunächst geprüft werden, inwieweit die o. g. allgemeinen Anforderungen der Eingliederungszuschüsse erfüllt sind. Abs. 1 legt definitiv fest, dass schwerbehinderte und sonstige behinderte Menschen Personen mit Vermittlungshemmnissen sind. Gleichzeitig wird der Förderrahmen wegen der besonderen Eingliederungserfordernisse auf bis zu 70 % und bis zu 24 Monate erweitert. Behinderte Menschen sind in § 19 näher definiert. Behindert sind demnach Menschen, deren Aussichten am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art und Schwere ihrer Behinderung i. S. v. § 2 SGB IX nicht nur vorübergehend gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen. Behinderten Menschen stehen nach § 19 Abs. 2 diejenigen Personen gleich, denen eine Behinderung droht. Schwerbehinderte Personen sind behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindesten 50 oder behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, die auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden sind.
2.2 Besonders betroffene schwerbehinderte Menschen (Abs. 2)
Rz. 3
Ist der Arbeitsplatz eines besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen infolge einer nachweislichen Verschlechterung des Gesundheitszustands mit dauerhafter Verminderung der Leistungsfähigkeit gefährdet, kommt eine Förderung nach Abs. 2 in Betracht. Nach Abs. 2 dürfen Eingliederungszuschüsse für schwerbehinderte i. S. d. § 187 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a bis d SGB IX und ihnen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellte behinderte Menschen gefördert werden. Voraussetzung der Förderung ist, dass sie wegen in ihrer Person liegende Umstände nur erschwert vermittelbar sind. Ein Eingliederungszuschuss kann also gewährt werden für schwerbehinderte Menschen,
- die wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung oder sonstiger Umstände im Arbeitsleben besonders betroffen sind (§ 72 Abs. 1 SGB IX),
- die langzeitarbeitslos i. S. v. § 18 sind,
- die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder einem Integrationsprojekt eingestellt werden,
- die als Teilzeitbeschäftigte eingestellt werden.
Rz. 4
Gemäß § 155 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB IX gehören zu den am Arbeitsleben besonders betroffenen Menschen solche, die zur Ausübung der Beschäftigung wegen ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend einer besonderen Hilfskraft bedürfen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Blinde, Gehörlose oder solchen Personen, die einer Begleitkraft bedürfen. Nicht nur vorübergehend wird eine Hilfskraft dann benötigt, wenn ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten notwendig ist.
Rz. 5
Gemäß § 155 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b SGB IX sind solche behinderte besonders betroffen, deren Beschäftigung infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend mit außergewöhnlichen Aufwendungen für den Arbeitgeber verbunden sind.
Rz. 6
Nach § 155 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d SGB IX sind besonders betroffen solche schwerbehinderte Menschen, bei denen der Grad der Behinderung von wenigstens 50 % allein auf geistiger oder seelischer Behinderung oder einem Anfallsleiden beruht.
Rz. 7
Eingliederungszuschüsse können zudem an schwerbehinderte Menschen gewährt werden, die langzeitarbeitslos i. S. v. § 18 sind. Als langzeitarbeitslos i. S. v. § 187 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b SGB IX gelten Arbeitslose, die ein Jahr und länger arbeitslos sind, § 18 Abs. 1.
Rz. 8
Ein Eingliederungszuschuss nach Abs. 2 Satz 1 kann gewährt werden für schwerbehinderte Menschen, die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder einem Integrationsprojekt eingestellt werden, § 187 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c SGB IX. Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung der beruflichen Rehabilitation für behinderte Menschen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung noch nicht oder nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können. Hauptzweck der Werkstatt für behinderte Menschen ist die Eingliederung in das Arbeitsleben. Voraussetzung für eine Aufnahme in die Werkstatt für behinderte Menschen ist, dass der schwer...