Leitsatz
Das Schälen von Spargel durch Aushilfskräfte eines landwirtschaftlichen Betriebs zählt nicht zu den typisch land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten i.S.d. § 40a Abs. 3 S. 1 EStG.
Normenkette
§ 40a Abs. 3 S. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Der Kläger, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, beschäftigte 1998 und 1999 vorübergehend Aushilfskräfte für das Schälen von Spargel, den der Kläger in seinem Betrieb erntete und an Gastwirtschaften und andere Privatpersonen ab Hof und auf Wochenmärkten veräußerte.
Der Kläger versteuerte die den Aushilfskräften gezahlten Löhne nur pauschal mit 5 % (§ 40a Abs. 3 EStG).
Das FA vertrat die Auffassung, bei dem Schälen von Spargel handle es sich nicht um eine typisch land- und forstwirtschaftliche Arbeit, sondern um eine Weiterverarbeitung des verkaufsfertigen Produkts "Spargel". Es versteuerte die im Jahr 1998 gezahlten Arbeitslöhne gem. § 40a Abs. 2 EStG mit einem Steuersatz von 20 %; im Übrigen erfolgte die Nachversteuerung nach den Merkmalen der Steuerklasse VI (§ 39c EStG i.V.m. § 39b EStG und Abschn. 122 LStR) unter Berücksichtigung eines Nettosteuersatzes von 31 %.
Das FG wies die Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 02.09.2004, 11 K 117/02, Haufe-Index 1277106, EFG 2005, 283).
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte nach Maßgabe der o.a. Hinweise keinen Erfolg.
Hinweis
1. Nach § 40a Abs. 3 S. 1 EStG kann der Arbeitgeber bei Aushilfskräften in der LuF unter bestimmten Voraussetzungen (und unter Verzicht auf die Vorlage einer LSt-Karte) die LSt mit einem Pauschsteuersatz (im Streitfall) von 5 % des Arbeitslohns erheben. Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der BFH klar, dass die lohnsteuerliche Privilegierung des § 40a EStG nur auf urproduktionsbezogene Tätigkeiten bezogen ist. Neben der Beschränkung auf typische land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten werden nach Auffassung des BFH steuerbegünstigte Aushilfstätigkeiten in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (ungeachtet dessen Rechtsform) nur im Rahmen der Urproduktion erfasst.
2. Für diese Begrenzung des Pauschsteuersatzes auf die Urproduktion ist maßgebend, dass mit der Erzeugung und Ernte des ungeschälten Spargels (hierzu gehören das Stechen, Waschen, Trocknen und Sortieren) bereits ein marktgängiges Produkt entstanden ist. Das Schälen des Spargels ist nicht mehr der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen. Vielmehr führt die Weiterbearbeitung des Spargels zu einem Produkt mit anderer Marktgängigkeit. Dafür spricht auch, dass geschälter Spargel mit einem Preisaufschlag gehandelt wird.
Überdies unterliegt geschälter Spargel (anders als nur ungeschälter, gewaschener und sortierter Spargel) dem Lebensmittelrecht und nicht den Vorschriften der EG-Vermarktungsnorm. Das Schälen des Spargels stellt demnach eine die Urproduktion überschreitende Weiterverarbeitungsmaßnahme dar, für die der günstige Pauschsteuersatz des § 40a Abs. 3 EStG nicht (mehr) in Anspruch genommen werden kann. Die Begrenzung des günstigen Pauschsteuersatzes auf die Urproduktion ist auch gleichheitsrechtlich geboten.
3. Dieser Rechtsauffassung steht nicht entgegen, dass bei der Verarbeitung von Trauben zu Wein noch ein landwirtschaftliches (Ur-)Produkt vorliegt. Im Weinbau ist allein mit der Ernte der Trauben der typische Prozess der landwirtschaftlichen Urproduktion noch nicht abgeschlossen. Die geernteten Trauben stellen im Weinbaubetrieb, so wie er aufgrund seines historisch gewachsenen Unternehmenszwecks und -gegenstands typisierend der LuF zugeordnet wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG), regelmäßig noch kein marktgängiges Erzeugnis der Urproduktion dieses Betriebs dar.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 08.05.2008, VI R 76/04